Jeder Mensch kennt solche Phasen. Manchmal denkt man, alles läuft so gut, dass man zur Zeit keine Fehler machen kann. Sei es im Sport, in der Beziehung oder im Beruf. Aber das deprimierende Gegenteil ist hingegen kein Ding der Unmöglichkeit. Dann läuft alles schlecht, egal was man macht und man kann nur hoffen, dass es endlich besser wird.

Dass nicht nur der Mensch eine schwankende Formkurve hat, sondern der gesamte Planet Erde, stellte die vergangene Woche unter Beweis. Sieben Tage, fünf verheerende Erdbeben, deren Magnitude immer höher wurde und die Verzweiflung der Betroffenen lassen bei vielen, vor allem in anderen Erdbebengebieten, ein flaues Gefühl im Magen aufkommen. „Irgendwas stimmt doch nicht!“

10. April, Pakistan: Vermutlich ein Nachbeben der Stärke 6.5 vom letzten Oktober erschütterte Zentralasien. tötete 10 Menschen in Pakistan und ließ auch in den Nachbarländern Indien und Afghanistan Häuser einstürzen.
13. April, Myanmar: Das stärkste Erdbeben seit zwei Jahrzehnten im Südostasiatischen Land erreichte Magnitude 6.9. Die recht große Tiefe machte es weniger verheerend, doch vor allem in benachbarten Teilen von Indien und Bangladesch verursachte es einige Schäden, hunderte Verletzte und zwei Tote.
14. April, Japan: Seit dem großen Tohoku-Beben im März 2011 wurde keine so hohe Erdbebenintensität in Japan mehr verzeichnet. Trotz Magnitude 6.5 erlitten viele Gebäude in der Großstadt Kumamoto schwere Schäden. Neun Menschen starben, über 1000 wurden verletzt. Doch es war nur ein Vorbeben,…
15. April, Japan: …dem ein Tag später das Hauptbeben folgte. Stärke 7.3, ähnlich hohe Intensität und wohl hunderte Gebäude, die dem nicht standhielten. Dank des Vorbebens, dem die Evakuierung zehntausender Menschen folgte, kamen nur 32 Menschen ums Leben. Einer Erdbebenkatastrophe wie 1995 in Kobe entging die Stadt Kumamoto knapp. Doch die Nachbeben dauern an und die Sachschäden sind immens.
16. April, Ecuador: Das Ausmaß dieser Katastrophe ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überschaubar. Man rechnet mit hunderten Toten. Viele Städte wurden zu einem großen Teil zerstört. Und das kleine Land in Südamerika erlebt die schlimmste Erdbebenkatastrophe seit Jahrzehnten. Kleiner positiver Aspekt: Trotz Magnitude 7.8 blieb ein destruktiver Tsunami aus

Hinzu kommen starke Erdbeben auf den Philippinen (M6.0), in Algerien (M5.0) und Nepal (M4.5), bei denen Menschen verletzt wurden, und mehrere starke Erdbeben in Vanuatu (bis M6.5), die ohne Folgen blieben.

So viele Erdbeben in so kurzer Zeit. Im Internet tauchten nach dem Japan-Beben vermehrt Gerüchte auf, die sehr hohe Erdbebenaktivität würde anhalten und ein gewaltiges Erdbeben, zum Beispiel in Kalifornien, würde in den kommenden Tagen auftreten. Aussagen angeblicher Erdbebenpropheten, die vor allem in der britischen Boulevardpresse, auf Youtube und in diversen Blogs verbreitet werden, heizen diese Gerüchte an.
Unsere Seitenzugriffe zeigen, dass neben den Berichten zu genannten Erdbeben vor allem solche Texte gelesen werden, wo wir uns in der Vergangenheit (teils schon 2014) mit angeblichen Erdbebenwarnungen auseinander gesetzt haben (Beispiel 1, Beispiel 2).

Ein Thema, dass viele Menschen gerade jetzt beschäftigt. Müssen wir uns Sorgen machen?

Ja, die Erdbebenaktivität ist zur Zeit sehr hoch. Ja, auch wir waren negativ davon überrascht. Aber die Erde ist ein dynamischer Planet. Die Plattentektonik ist immer aktiv. Mal zeigt sie das mit schweren Erdbeben, mal eher weniger. Es gibt Tage und Wochen, wo die Erdbebenaktivität gefühlt nicht vorhanden ist.

Als Beispiel geeignet: März 2016. Zwar begann er mit einem schweren Erdbeben im Indischen Ozean (M7.8), doch war danach Ruhe. Gerade mal vier Erdbeben über Magnitude 6, das stärkste 6.4, traten in den folgenden 28 Tagen auf. Entspricht einem Durchschnitt von einem Erdbeben pro Woche. Gewöhnlich treten Beben dieser Stärke im Durchschnitt alle drei Tage auf.
Hinzu kommt: Die Erdbebenherde lagen an vergleichsweise günstigen Orten. Vanuatu, Alaska, mitten im Ozean oder sehr tief. Die Folge: Praktisch keine Schäden. Hätten diese Erdbeben sich an anderen Orten ereignet, zum Beispiel in der Türkei, nahe Managua, in China oder in Kalifornien, wären die Folgen andere gewesen und die mediale Aufmerksamkeit, die den Eindruck „hoher Erdbebenaktivität“ erweckt hätte, wäre gewiss gewesen.

Und nun der April.. Auch wenn es gewöhnlich keinen Zusammenhang gibt, kann man den Eindruck gewinnen, die aktuell hoch aktive Phase (12 Erdbeben über Magnitude 6 in zwei Wochen) sei die logische Konsequenz. Fakt ist: Solche Phasen sind ein recht häufiges Phänomen.

Beispiel: April 2014. Nach einem gewaltigen Erdbeben in Chile mit Magnitude 8.1 kam es binnen drei Wochen zu 21 (!) schweren Erdbeben über Magnitude 6, also ein schweres Erdbeben pro Tag! Chile-Nachbeben sind nicht mitgezählt. Betroffen damals: Vanuatu, Salomonen, Papua-Neuguinea, Nicaragua, Mexiko, Tonga, und Kanada.
Einzelne dieser Beben verursachten Schäden und Opfer, besonders die Beben in Mexiko und Nicaragua. Doch der überwiegende Teil der Beben ereignete sich in sehr dünn besiedelten Gebieten.
Die Folge: Obwohl es mehr und stärkere Erdbeben als aktuell waren, gab es im April 2014 gerade mal 12 Erdbebentote. Sieben davon in Chile.
Der Eindruck hoher Erdbebenaktivität war damals weniger präsent als er jetzt ist.

Was folgte? Nichts. Der Mai 2014 hielt keine extrem schweren Erdbeben parat. Magnitude 6.9 im Ägäischen Meer war das stärkste in diesem Monat. Insgesamt war die Aktivität normal, mit Ausnahme einiger regional ungewöhnlicher Erdbeben in Thailand und auch in Deutschland.

Was lernen wir daraus? Phasen hoher Aktivität sind normal auf unserem Planeten. Sie kommen und gehen. Selten mit einem großen Knall und ganz sicher nicht mit einer Apokalypse.
Es ist möglich, dass es in den kommenden Tagen weitere schwere Erdbeben geben wird. Genauso möglich ist es, dass die Aktivität wieder auf ihr normales oder sogar unterdurchschnittliches Niveau zurückfällt. Ob ein Erdbeben zur Katastrophe wird, hängt nicht nur von seiner Stärke ab. Doch das Ausmaß der Katastrophe ist entscheidend, wie sehr ein solches Erdbeben wahrgenommen wird.

An die Erdbebenpropheten: HALTET DIE FRESSE! (sorry) Niemand weiß, wann und wo es das nächste schwere Erdbeben geben wird. Jede Aussage wie „Großes Erdbeben in Kalifornien kommt in den nächsten Tagen“ ist absoluter Schwachsinn und sorgt nur für Angst und Verwirrung. Blogs, Nachrichtenseiten (Boulevardpresse vom untersten Niveau) und Youtuber nutzen solche Meldungen, um Klicks zu generieren und im besten Fall Einnahmen zu erzielen. Eigentlich harmlose, mittelstarke Erdbeben wie in Vanuatu oder Tonga werden hochstilisiert.
Wissenschaftliche, offizielle Erdbebenvorhersagen gibt es bis auf wenige Ausnahmen nicht und wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Solange keine wissenschaftliche Methode gefunden wurde, sind Erdbebenvorhersagen ein Glücksspiel. Und so viel sei gesagt: Wer jeden Tag Lotto spielt, wird früher oder später drei Richtige haben. Manchmal dreimal in Folge, manchmal monatelang garnicht.

Fazit: Es besteht kein Grund zu erhöhter Sorge. Eine hohe Aktivität heißt NICHT, dass es nun überall schwere Erdbeben und Tote gibt. Die letzten Tage waren „Pech“, leider mit schlimmen Auswirkungen. Solche Katastrophen können in Erdbebengebieten jederzeit geschehen. Vorbereitung ist die einzig wirksame Methode, ein solch überraschendes Ereignis anzugehen, solange Vorhersage unmöglich ist.