Deutschland – Wird man in Zukunft auf die Erdbeben im Oktober 2016 zurückblicken, dürfte es wohl Italien sein, was am ehesten im Gedächtnis hängen geblieben sein wird. Berechtigt, angesichts der rekordverdächtigen Erdbebenserie. Was gabs noch? Ein starkes Erdbeben in der japanischen Präfektur Tottori, mehrere Todesopfer in China, Peru und Pakistan, eine Iranische Großstadt, die von kleinen Erdbeben terrorisiert wird, und… ach ja, Deutschland, was die höchste Erdbebenzahl seit Jahren verzeichnete.

Beachtet man ausschließlich die natürlichen Erdbeben, kommt Deutschland in der Regel auf ungefähr 200 Erdbeben über Magnitude 1 im Jahr. Etwa ein Drittel wird in Baden-Württemberg registriert. Rund 15 können von der Bevölkerung wahrgenommen werden. Nachbebensequenzen und Erdbebenschwärme können diese Zahl in die Höhe treiben.
Was im Oktober 2016 passierte – und was kaum einer realisierte – dürfte zumindest für dieses Jahr den Durchschnitt heben. Unsere Erdbebendienste registrierten insgesamt 37 natürliche Erdbeben. Hinzu kommen drei induzierte Beben durch Erdgasförderung und Geothermieanlagen und nochmal drei Erdbeben im Ausland, die bis nach Deutschland spürbar waren.
Betroffen war vor allem der Süden der Republik. 27 der genannten Erdbeben entfielen auf Bayern oder Baden-Württemberg.

Die wichtigsten Ereignisse zusammengefasst:

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Darmstadt
Für eine kurze Woche war Darmstadt erneut die Erdbebenhauptstadt Deutschlands. Ein erneuter Erdbebenschwarm, ähnlich wie 2014, aber deutlich kleiner. Zwei der Erdbeben, die im Stadtteil Arheilgen zentriert waren, konnten verspürt werden. Mit Magnitude 2.3 und 2.9 waren sie die stärksten Erdbeben in Hessen in diesem Jahr. Deutschlandweit liegt das größere bisher auf Rank 3.

Südbayern
Bewohner von Garmisch-Partenkirchen sind weniger erdbebenerprobt. So ging das Beben der Stärke 2.6 Anfang des Monats über die Bühne, ohne von den meisten als solches identifiziert zu werden. Die Intensität war aber auch relativ gering. Bemerkenswert: Wenige Stunden zuvor gab es im benachbarten Füssen an der Grenze zu Österreich ein Beben der Stärke 2.0. Auch Günzburg war Epizentrum, ebenfalls Magnitude 2.0. Ein Gebiet mit seltener Aktivität.

Rust
Das Erdbeben in Deutschland, was wohl die größten Schlagzeilen machte. Trotz Magnitude 1.3 war es, geschuldet einer sehr geringen Herdtiefe, in der ganzen Stadt deutlich spürbar. Schäden gab es nicht. Auch der Europapark verzeichnete keine Zwischenfälle.

Ausland
Italien bereits angesprochen: Die beiden großen Erdbeben Ende des Monats waren in Teilen Süddeutschlands (südlich der Donau), speziell am Alpenrand spürbar. Ebenso ein Erdbeben im Schweizer Kanton Wallis mit Magnitude 4.2. Betroffen davon das Rheintal an der Deutsch-Schweizerischen Grenze. Auch hier war die Intensität gering.

Ein weiteres spürbares Erdbeben gab es an den Erdgasfeldern im Niedersächsischen Rust. Magnitude 2.1 ging dort in der Nachberichterstattung zum ersten Italien-Erdbeben praktisch unter.

So auch der Erdbebenschwarm bei Singen (Hohentwiel). Zwar blieb dieser (nach unseren Informationen) von der Bevölkerung unbemerkt. Doch kann man acht Erdbeben, davon fünf über Magnitude 1, binnen weniger Tage in dieser Region schon als ungewöhnlich ansehen. Einen ähnlichen Schwarm gab es zwar im vergangenen Jahr am Westrand vom Bodensee, doch erstreckte sich dieser über mehrere Monate.

Auffällig auch: In Nordrhein-Westfalen hält der Minimalismus der letzten zwei Jahre an. Hier gab es im Oktober kein tektonisches Erdbeben über Magnitude 1.

Diese Erdbebenzahl, 37 in einem Monat, ist für Deutschland ziemlich ungewöhnlich. Es ist der höchste Wert seit 2011, als es einen Erdbebenschwarm im Vogtland gegeben hat. Über Ursachen kann man, wie so oft bei Erdbeben, nicht sprechen, da sie fast ausschließlich zufällig auftreten und selten untereinander Verbindungen bestehen. Großräumig kann man sagen, dass im gesamten Alpenraum zuletzt vermehrt Erdbeben aufgetreten sind und dies auch die Aktivität in Bayern mit einschließt. Doch hinter diesen Prozessen mehr als Zufall zu sehen, ist nicht realistisch.

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