Am 17. Februar erschütterten zwei kleine Erdbeben die indonesische Insel Java (M 2.7) und die chinesische Region Guizhou (M 2.8), sowie die allgemein vertretene Meinung über die Gefährlichkeit von bestimmten Erdbeben. Demnach seien Erdbeben unter Magnitude 4 nicht in der Lage, größere Schäden zu verursachen, wenn es nicht zu Sekundäreffekten kommt.
Dies war bei keinem der beiden Erdbeben der Fall, aber die Schäden waren dennoch signifikant.

In China wurden mindestens 173 Gebäude in den Dörfern am Epizentrum beschädigt. Knapp ein duzend schwer. Etwa 1000 Menschen waren betroffen und mussten ihre Häuser verlassen. Der Katastrophenschutz versorgt die Opfer mit Nahrung, Decken und Trinkwasser.
Ähnliches Bild auf Java: 46 Gebäude (= die Mehrheit der Gebäude) im Dorf Sumogawe wurden beschädigt. Einige mit größeren Rissen in Wänden und teilweise eingestürzten Dächern. Zudem berichtete Zeugen von einem hellen Lichtblitz während des Erdbebens.

Doch wie konnte das passieren? Sowohl China als auch Indonesien sind Länder, in denen starke Erdbeben sehr häufig sind. Kleine Beben sind Alltag. Die Bauweise ist in vielen Regionen zumindest soweit der Gefahr angepasst, dass die „durchschnittlichen“ Beben keine große Gefahr darstellen.

Erklärungsversuche:

Zu China: Trotz vieler Verwerfungssysteme und auch historisch belegten Starkbeben gehört Guizhou zu den „sicheren“ Regionen von China, wo Erdbeben sehr selten sind. Auch kleine (M 2 – 4) werden in der Regel nur ein paar mal im Jahr registriert. Die seismische Aktivität ist daher vergleichbar mit Ländern in Mitteleuropa, und das in einer Region mit mehr als der doppelten Fläche von Österreich. Die Bauweise ist entsprechend auch weniger an Erdbeben angepasst, als in anderen Regionen Chinas. Vor allem in den kleinen ländlichen Dörfern, wo es an Möglichkeiten mangelt, dominiert die traditionelle Bauweise aus Backsteinhäusern.
Im aktuellen Fall kommen noch zwei weitere Punkte hinzu:
1. Das Erdbeben war sehr flach
2. Das Epizentrum lag direkt im Dorf
Möglicherweise wurden die Erschütterungen zudem durch Bergbautätigkeiten begünstigt. Jedenfalls sorgte all dies dafür, dass ein kleines Erdbeben (M 2.8) mit moderater Intensität (IV bis V) in einem Dorf mit schlechter Bauweise Schäden verursachte, wie man sie von 4er Erdbeben kennt.

Zu Indonesien: Ganz Java ist stark erdbebengefährdet. Auch kleine Dörfer haben die Standards, zumindest moderate Beben ohne nennenswerte Schäden zu überstehen. Dies gehört zur Tradition der erdbebengewohnten Bewohner. (Natürlich auch hier: Keine Regel ohne Ausnahme) Traditionell ist auch, dass kleine Erdbeben Alltag sind, und die Bewohner damit umgehen können. Aber in diesem Fall kam es verbreitet zu Panik unter den erdbebenerfahrenen Bewohnern. Zurecht, wie die Schäden zeigen. Dies zeigt, dass das Erdbeben nicht so klein war, wie es die Magnitude (2.7) sagt. Die Intensität war hoch.
Das Erdbeben selbst fand, entgegen erster Angaben, in sehr flacher Tiefe nah an der Oberfläche statt. Zudem lag das Epizentrum direkt im Dorf. Aber noch ein weiterer Faktor war hier entscheidend: Der Boden. Sumogawe ist auf lockeren vulkanischen Sedimenten (Asche, etc) gebaut. Diese lockeren Böden wirken verstärkend für Erdbebenwellen. Es kommt zu höheren Schwingungsamplituden und somit zu höheren Schäden. In diesem Fall haben anscheinend auch noch Resonanzeffekte, bedingt durch die Lage an den steilen Hängen des Vulkans Merbabu, das Erdbeben verstärkt. Daraus resultierten die Schäden.
Und der Lichtblitz? Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Klassische Erdbebenlicher treten in der Regel nicht bei Beben mit so geringer Magnitude auf. Eine Theorie besagt jedoch, dass es an Basalt- bzw Gabbrogesteinen zur Bildung von elektrischen Spannungen kommt, sobald diese von Erdbebenwellen getroffen werden. Dies kann zu einer blitzartigen Entladung führen, die ggf. bis zur Oberfläche reicht.

Diese beiden Beben sollten zeigen, dass die Gefährlichkeit eines Erdbebens nicht nur anhand seiner Magnitude festgemacht werden kann, sondern ganz verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Nicht nur China und Indonesien sind davon betroffen. Kleinbeben gibt es fast überall auf der Welt. Somit besteht die Gefahr ähnlicher Schäden auch an vielen anderen Orten weltweit, dort wo die sonstigen Bedingungen stimmen.