In den vergangenen Tagen haben zwei offizielle Aussagen in Internet und anderen Medien für aufsehen gesorgt, teilweise Menschen verängstigt, und wahnsinnige Verbreitung gefunden. Falschinterpretationen und unglückliche Formulierungen förderten einen Sturm von Shares und machten aus Hinweisen bedrohliche Warnungen.

Der erste Sturm begann am 21. Juli mit einem relativ leichten Erdbeben im Großraum San Francisco (Kalifornien). Mit Magnitude 4.0 war es zwar nicht gefährlich, wurde aber dennoch schnell national zum Mittelpunkt der Berichterstattung, da die der Allgemeinheit bis dato relativ unbekannte Hayward Verwerfung dieses Beben verursachte. Ein Statement eines USGS Seismologen wurde von verschiedenen Medien falsch aufgefasst.

“The past five major earthquakes on the fault have been about 140 years apart, and now we’re 147 years from that 1868 earthquake, so we definitely feel that could happen any time,” Brocher said.

Der Satz „It could happen any day now“ – „Es könnte ab heute jeden Tag passieren“ war geboren und wurde in die direkte Berichterstattung nach dem „kleinen“ Hayward-Beben eingebaut. Eine ungeschickte Vorgehensweise, verbreitete sich doch nun im Internet das Gerücht, es handelte sich um ein Vorbeben und das große Hayward-Beben würde in den nächsten Tagen passieren.
Vorhersage statt Warnung. Genau das, was das USGS korrekterweise vermeiden will. So sah es sich am 23. Juli zu einem Statement gezwungen:

Although a Hayward fault quake CAN happen at any time, it does NOT mean it’s „expected any day now.” Misquotes in one…

Posted by U.S. Geological Survey (USGS) on Donnerstag, 23. Juli 2015

Übersetzt:

Auch wenn ein Hayward-Erdbeben jederzeit passieren kann, heißt es NICHT, dass man ein Eintreten in den nächsten Tagen erwartet. Ein falsches Zitat hat sich in den Medien verbreitet. Das USGS sagt keine Erdbeben voraus. Das Erdbeben am Dienstag […] wird wahrscheinlich keinen Einfluss auf das Eintreten eines großen Erdbeben an der selben Verwerfung haben. Dennoch ist dieses eine Erinnerung, dass man vorbereitet sein sollte.

Aus einem Hinweis, dass die Hayward-Verwerfung in naher Zukunft zu einem großen, zerstörerischen Erdbeben fähig ist, wurde eine direkte Warnung.

Kurz darauf folgte bereits das zweite „Missverständnis“, das viele Menschen in Angst versetzte. Grund dafür ist diesmal kein Erdbeben in Kalifornien gewesen, sondern erhöhte Aktivität am submarinen Vulkan Kick’em Jenny zwischen Grenada und St. Vincent in der südöstlichen Karibik.
Info: Kick’em Jenny ist einer der aktivsten Vulkane der Karibik. Seit 1939 sind 12 Eruptionen (überwiegend schwache) des Vulkans, dessen Gipfel knapp 200 m unter dem Meeresspiegel liegt, bekannt.
Durch Erdbeben und Gasaustritte in den vergangenen Wochen hat die „University of the West Indies“ die Alarmstufe des Vulkans auf „Orange“ gesetzt (inzwischen wurde diese auf „Gelb“ reduziert, da die Erdbebenaktivität zurückging) – Ein Ausbruch könnte jederzeit eintreten, weshalb das Hochseegebiet rund um den Krater für die Schifffahrt gesperrt wurde. Im Zusammenhang mit der Warnung wurde auch das Risiko von Tsunamis erwähnt, das für die Inseln Dominica, Martinique, Barbados, Trinidad und Tobago, St. Lucia, sowie St. Vincent und die Grenadinen und Grenada bestehen könnte. Bei der Eruption im Jahr 1939 traf ein kleiner Tsunami die Küste von Grenada. Ähnliches könne sich bei zukünftigen Eruptionen wiederholen, obwohl alle seitdem aufgetretenen Eruptionen ohne Tsunami blieben.

Am 24. Juli hat der Katastrophenschutz von Venezuela das Thema „Tsunami“ aufgegriffen und ergänzt, dass ein solcher binnen 90 Minuten die nationalen Küsten erreichen könnte, ohne dabei auf die Wahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit eines solchen Ereignisses einzugehen.
Dieses Statement schlug viral höhere Wellen als jeder Vulkanausbruch. Teils gingen Meldungen so weit, dass von einer akuten Bedrohung gesprochen wurde, auch wenn keine Warnung herausgegeben wurde.

Das Pacific Tsunami Warning Center mischte sich heute in die Diskussion ein und widersprach allen Gerüchten einer akuten Bedrohung.

Kick ‚em Jenny volcano (West Indies) status: despite rumors to the contrary, PTWC has not issued any tsunami warnings…

Posted by US NWS Pacific Tsunami Warning Center on Samstag, 25. Juli 2015

Auch in diesem Fall waren es die Medien, die aus einem Hinweis eine akute Gefahr machten und Menschen verunsicherten.

Nur weil ein Ereignis möglich ist, bedeutet es nicht eine unmittelbare Gefahr oder gar eine Garantie, dass es so kommt. Sowohl das Beispiel Hayward als auch die Gerüchte um Kick’em Jenny zeigen, dass einige Medien gerne mit der Angst der Menschen spielen, um Schlagzeilen zu machen. Richtigkeit wird dabei vernachlässigt, falsche Zitate und Fehlinterpretationen vereinfachen die Verbreitung. Im Zweifel sollten daher immer offizielle Quellen verwendet werden. Nur so kann das Stille-Post-Phänomen vermieden werden.