Inhaltsverzeichnis:
Seite 1: Das Jahr in Zahlen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz
Seite 2: Bayern, Baden-Württemberg
Seite 3: Sachsen / Vogtland, Hessen, Niedersachsen
Seite 4: Thüringen
Seite 4: Brandenburg, Saarland 
Seite 4: Zusammenfassung und Statistiken

Thüringen

Sondershausen, 24. Dezember 2017
Aufenthalt im 1.Stock.
Hauswände schwankten kurz, aber stark. Ereignete sich gegen Mittag.

Während im Jahr 2016 ein Erdbebenschwarm und mehrere Einzelereignisse noch zu tektonischen Erdbeben in Thüringen geführt haben, blieben die Erdbeben 2017 bis auf eine Ausnahme menschengemacht. So ist es in Thüringen der Bergbau, der die Erde beben lässt. Mit insgesamt sechs Erdbeben über Magnitude 1, davon fünf induzierte, war die Aktivität aber relativ gering. Von den induzierten Erdbeben, die sich größtenteils im Norden des Landes (Bleicherode, Sondershausen), konnten einige wenige vereinzelt verspürt werden. Das mit Abstand stärkste Erdbeben ereignete sich an Heiligabend in Sondershausen. Es steht mit dem dortigen Kalibergbau in Zusammenhang. Der Erdbebendienst Thüringen gibt es mit Magnitude 2.1 an, der Bergwerksbetreiber spricht von Magnitude 2.3. Damit wäre es auch das stärkste Erdbeben in Thüringen seit mehreren Jahren.

Erdbeben in Thüringen 2017

Datum Ort Magnitude Intensität Typ
 24. Dezember  Sondershausen  2.1  III  induziert
 2. November  Bethenhausen  1.5  tektonisch
 10. Mai  Sondershausen  1.3  II  induziert
 9. Juli  Mühlhausen  1.1  induziert
 13. Mai  Buhla  1.0  II  induziert
 12. September  Bleicherode  1.0  induziert

Sonstige Erdbeben

In den vergangenen Jahren hat es immer mal wieder einzelne Erdbeben abseits der klassischen deutschen Erdbebengebiete, die im vorangegangenen Text näher erläutert wurden, gegeben. Auch 2017 ist ein solches exotisches Erdbeben registriert worden. Das Epizentrum lag in Finsterwalde im Süden von Brandenburg. Mit Magnitude 1.1 war es sehr schwach, nicht spürbar, aber dennoch sehr besonders, da es überhaupt erst das fünfte jemals in Brandenburg aufgezeichnete Erdbeben gewesen ist.
Als einziges Erdbeben des jeweiligen Bundeslandes ist auch das Erdbeben in Perl (Saarland) am 23. Juli zu nennen, das Magnitude 1.3 erreicht hat. Im Gegensatz zu den meisten Erdbeben im Saarland in den letzten Jahrzehnten ging dieses nicht auf den ehemaligen Bergbau zurück, sondern hatte tektonische Ursachen. Ein zweites Erdbeben hat das Saarland am Mittag von Silvester nur um eine Sportplatzbreite (und damit im Bereich der Messungenauigkeit) verpasst. Der Erdbebendienst Südwest registrierte das Erdbeben der Stärke 1.5 um 13:04 Uhr im französischen Saargemünd, knapp hundert Meter von der Grenze saarländischen Rilchingen-Hanweiler entfernt. Auch wenn die normale Unsicherheit der Messungen ein Epizentrum dieses Bebens im Saarland möglich erscheinen lässt, wird es in diesen Statistiken nicht berücksichtigt.
In den Bundesländern Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind im Jahr 2017 keine Erdbeben registriert oder verspürt worden. In Teilen von Sachsen-Anhalt waren die Auswirkungen des Schkeuditz-Erdbebens (29. April) zu spüren, es hat aber keine Epizentren innerhalb der Landesgrenzen gegeben.

Zusammenfassung und Statistiken

In diesem Jahresrückblick sind alle Erdbeben über Magnitude 1 in Deutschland betrachtet worden. Ausgenommen von dieser Statistik sind Erdbeben unter Magnitude 2 in den Steinkohlerevieren von Nordrhein-Westfalen, sofern diese nicht nachweislich verspürt worden sind. Hinzu kommen 25 Beben im (grenznahen) Ausland, die auch in Deutschland zu spüren gewesen sind. Insgesamt lässt sich nach diesen Kriterien eine Zahl von 286 Erdbeben im Jahr 2017 ermitteln. Unvollständigkeit durch fehlende / ungenaue Registrierungen muss hier allerdings angenommen werden. Gerade im Norden Deutschlands, wo sich deutlich weniger seismologisch Einrichtungen befinden, können kleine Erdbeben undetektiert bleiben. Von diesen 286 Erdbeben konnten mindestens 59 Erdbeben von der Bevölkerung verspürt werden. Auch hier muss Unvollständigkeit angenommen werden.
Im Vergleich zum Vorjahr ergibt dies einen kleinen Rückgang. Viele Bundesländer, besonders Nordrhein-Westfalen und Bayern, haben dennoch 2017 ungewöhnlich viele Erdbeben erlebt. Große Erdbeben über Magnitude 4, wie sie in Deutschland durchschnittlich alle 3 bis 5 Jahre vorkommen, sind ausgeblieben. Entsprechend ist auch die Zahl der Erdbebenschäden in Deutschland sehr gering. Mit einem Impakt-Wert von 0,053 steht Deutschland im internationalen Vergleich der Earthquake Impact Database auf Rang 47 zwischen Angola und Südafrika.
Seltene und ungewöhnliche Ereignisse haben das Jahr anstelle großer Beben mit weitreichenden Auswirkungen geprägt. Einiger dieser Ereignisse werden noch im kommenden Jahr Gegenstand der Forschung sein. Ergebnisse dieser Studien könnten zu einem besseren Verständnis der geologischen Prozesse in Deutschland führen und eine bessere Abschätzung der seismischen Gefährdung in einigen Gebieten ermöglichen. Besonders in Gebieten, in denen auch mittelfristig eine erhöhte Seismizität zu erwarten ist, wäre ein Ausbau des Monitorings angemessen.

Erdbebenzahl pro Bundesland / Veränderung zum Vorjahr (ohne Erdbeben im Ausland)

Anzahl der Erdbeben pro Bundesland*


Baden-Württemberg: 84 Erdbeben / -38
Bayern: 37 Erdbeben / +21
Berlin: 0 Erdbeben / 0
Brandenburg: 1 Erdbeben / +1
Bremen: 0 Erdbeben / 0
Hamburg: 0 Erdbeben / 0
Hessen: 15 Erdbeben / -11
Mecklenburg-Vorpommern: 0 Erdbeben / 0
Niedersachsen: 9 Erdbeben / 0
Nordrhein-Westfalen: 44 Erdbeben / +17
Rheinland-Pfalz: 58 Erdbeben / +16
Saarland: 1 Erdbeben / +1
Sachsen: 2 Erdbeben / -13
Sachsen-Anhalt: 0 Erdbeben / -1
Schleswig-Holstein: 0 Erdbeben / 0
Thüringen: 6 Erdbeben / -6

Erdbebentypen

Ursprung der Erdbeben in Deutschland im Jahr 2017*

Landkreise mit den meisten natürlichen Erdbeben ab Magnitude 1.0

Bad Kissingen (BY): 19 Erdbeben
Mayen-Koblenz (RLP): 17 Erdbeben
Zollernalbkreis (BW): 16 Erdbeben
Berchtesgadener Land (BY): 13 Erdbeben
Germersheim (RLP): 12 Erdbeben
Breisgau-Hochschwarzwald (BW): 11 Erdbeben
Konstanz (BW): 10 Erdbeben

Erdbebendienste und Seismologische Observatorien in Deutschland

Erdbebenstation Bensberg / Universität Köln
Geologischer Dienst NRW
Seismologisches Observatorium Ruhr-Universität Bochum
Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz
Erdbebendienst Südwest
Seismologisches Observatorium Thüringen
Bürgerinfo „Seismisches Messsystem“ (BVEG) 
Universität Leipzig
Erdbebendienst Bayern
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
Geothermiekraftwerk Insheim (DMT)
Seismologisches Zentralobservatorium (BGR)
Erdbebendienst Niedersachsen

Erdbebendienste der Nachbarländer

Zentalanstalt für Meteorologie und Geodynamik Wien (ZAMG)
Schweizerischer Erdbebendienst (SED)
Koninklijk Nederlands Meteorologisch Instituut (KNMI)
Universität Straßburg
Tschechisches Geophysikalisches Institut
Observatoire Royal de Belgique (ROB / KOB)
Geologischer Dienst Dänemark

*Alle Angaben in den Diagrammen sind Stand: 02. Januar 2018, 20 Uhr. Erdbeben des Jahres 2017, die erst nach diesem Zeitpunkt bekannt wurden, sind in dieser Statistik nicht mit einbezogen:
22. Dezember, M2.0 Bottrop (Ruhr-Universität)
23. Dezember, M1.0 Albstadt (Erdbebendienst Südwest)
25. Dezember, M1.0 Kehl (Erdbebendienst Südwest)

One thought on “Vom Eifel-Vulkan bis zum Vogtland-Schwarm

  1. Könnten die Erdbeben in den früheren Zechengebieten evtl. mit größeren Niederschlagsmengen in den den Erdbeben vorangegangenen Zeiträumen zu tun haben? Bei verschiedenen Vulkanen wurde ein Zusammenhang beobachtet, wenn diese nach größeren Regenereignissen plötzlich größere Aktivitäten anzeigten … Wäre das auch hier möglich?

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