Schon vor Beginn der instrumentellen Erdbebenüberwachung in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts hat es in der Bundesrepublik immer wieder größere Erdbeben gegeben. Viele blieben aufgrund der verursachten Schäden und anderer Effekte dank Chronisten in Erinnerung.
Zur Adventszeit werfen wir einen Blick in die Erdbebenvergangenheit von Deutschland und stellen jeden Tag bedeutende Ereignisse aus der vorinstrumentellen Ära vor. 

6. Dezember: Die Bad Reichenhall-Erdbeben

Im Großteil von Deutschland ist die vorhandene Erdbebenaktivität ein Zeichen von tektonischen Prozessen. In Einzelfällen können Beben im Ostseeraum mit Bodenbewegungen aufgrund der Gletscherschmelze nach der letzten Eiszeit in Verbindung gebracht werden. Weiterhin sind, zum Beispiel in Hamburg-Flottbek, Aufzeichnungen von Einsturzbeben vorhanden.
Eine weitere „Erdbebenkategorie“ ist im äußersten Südosten Deutschlands typisch.

Nahe der Stadt Bad Reichenhall im Berchtesgadener Land befindet sich der Berg Hochstaufen. Bereits seit Jahrhunderten werden an dieser Lokalität Erdbeben beobachtet, die dort deutlich häufiger auftreten als in anderen Regionen der Alpen. Dabei handelt es sich ausschließlich um Erdbeben geringer Magnitude, die nur in sehr wenigen Fällen bisher zu kleineren Schäden geführt haben.
Dabei wurde schon früh beobachtet, dass die Erdbeben besonders häufig im Frühjahr und Frühsommer, teils auch im Herbst auftreten, eine Saisonalität, die es bei normalen Erdbeben nicht gibt.

Aber erst in neuerer Zeit konnte der genaue Ursprung der Erdbeben ermittelt werden. So ist es der Hochstaufen selbst, der diese Erdbeben hervorbringt. Nämlich immer dann, wenn große Mengen an Niederschlags- und Schmelzwasser durch den Berg fließen, in Risse eindringen und so zu plötzlichen Bewegungen führen.

Die ältesten Aufzeichnungen dieser Erdbeben reichen bis ins Jahr 1390 zurück, als für die Region eine ungewöhnlich heftige Erschütterung verspürt wurde. Den Chroniken ist zu entnehmen, dass dieses Beben am 17. Oktober mit Intensität V verspürt wurde. Selbst Berchtesgaden lag noch im Schüttergebiet.
Bereits in den Tagen zuvor, ebenso in den Tagen danach, soll es zu weiteren Erdbeben gekommen sein, was der Charakteristik der jüngeren Erdbeben am Hochstaufen entspricht.
Weitere Beispiele für historische Erdbeben in Bad Reichenhall finden sich unter anderem in 15. und 19. Jahrhundert. Besonders um das Jahr 1851 sollen, korrelierend mit mehreren Hochwasserereignissen im Alpenraum, starke Erdbeben verspürt worden sein, mindestens einmal sogar mit Gebäudeschäden.

Das Gebiet um den Hochstaufen zeigt, dass Erdbeben ebenfalls als Sekundäreffekt anderer teils gefährlicher Naturphänomene auftreten können. Glücklicherweise blieben die registrierten Beben bisher in einem niedrigen Magnitudenbereich. Geologische Gegebenheiten lassen nicht darauf schließen, dass sich dies irgendwann ändert. Aufgrund der geringen Herdtiefe quasi im Berg ist die Intensität dennoch so hoch, dass Gebäudeschäden nicht ganz auszuschließen sind. Natürlich induzierte Seismizität.

Literatur:
Leydecker, G. (2011).Erdbebenkatalog für Deutschland mit Randgebieten für die Jahre 800 bis 2008.
Sieberg, A. (1940). Beiträge zum Erdbebenkatalog Deutschlands und angrenzender Gebiete für die Jahre 58 bis 1799. na.