Bei dem schweren Erdbeben sind im Südosten von Afghanistan mehr als Tausend Menschen ums Leben gekommen, nach offiziellen Angaben. Dörfer wurden komplett zerstört, Familien ausgelöscht. Viele Länder haben internationale Hilfe angekündigt und die Katastrophe hat es weltweit in die Schlagzeilen geschafft. Bisher weitestgehend unbekannt ist jedoch die Lage im nur wenige Kilometer entfernten Nachbarland. Auch im pakistanischen Nordwasiristan war das Erdbeben stark. Es gibt einzelne Meldungen über Tote, Verletzte und zerstörte Häuser. Das genaue Ausmaß: Unbekannt, auch weil durch Militäroperationen die Pressefreiheit eingeschränkt ist. Doch gibt es Hinweise darauf, dass auch hier die Situation katastrophal ist. Eine Spurensuche.

Schaut man auf die Karte des Erdbebens, wird schnell deutlich, dass der Bereich potentiell zerstörerischer Intensität nicht nur auf Afghanistan beschränkt ist. Wenige Kilometer östlich des Epizentrums liegt die Region Nordwasiristan. Rund ein Viertel des Schadensbereichs umfasst diese Region, die zu den ärmsten des Landes gehört, kaum infrastrukturell angeschlossen ist und vor allem von Landwirtschaft lebt. So wie das nur einen Steinwurf entfernte, verwüstete Nachbarland. Viele Soldaten sind hier stationiert, auch um die Grenze zu Afghanistan zu schützen. Aber auch die besten Soldaten können keine Erdbeben aufhalten.

40 Tote in nur einem Dorf?

Was ist bisher aus Nordwasiristan bekannt? Wenig. Medien sprechen von rund 10 Todesopfern und 25 Verletzten infolge eines Erdrutschs. Dieser soll ein Dorf mit rund 600 Einwohnern teilweise verschüttet haben. Interessant ist vor allem die Randbemerkung, dass die Information von den Überlebenden selbst stammt, da Rettungskräfte die Region nicht erreicht haben. Quelle dieser Aussage ist wohl dieses Video unbekannter Herkunft, das über YouTube weiter verbreitet wurde.

In diesem 30-sekündigen Handyvideo sieht man mehrere Menschen, die inmitten eines Feldes stehen. Auf umliegenden Hügeln sieht man die Auswirkungen des Erdbebens, die der Ersteller kurz beschreibt. Gleich zu beginn wird der Erdrutsch gezeigt, der „zahlreiche“ Menschen und Häuser begraben haben soll. Von mindestens fünf bis zehn Toten in diesem Dorf ist die Rede. Zahlen, die auch von den Medien gemeldet werden.

Im weiteren Verlauf sieht man mehrere zerstörte Häusergruppen eines anderen Dorfs. Dazu wird jeweils gesagt, wie viele Todesopfer dort jeweils bisher gefunden wurden und dass teilweise noch Menschen verschüttet sind. Auf insgesamt rund 30-40 Todesopfer durch einstürzende Häuser geht der Ersteller ein. Auffällig: Es ist kein Haus zu sehen, das noch unversehrt ist. Komplette Zerstörung, wie man sie aus Afghanistan kennt. Wie die Situation in den vielen anderen Dörfern der Region ist, kann man nur erahnen.

Zu dem Erdrutsch, der Häuser und Menschen verschüttet haben soll, gibt es zudem Aussagen, wonach das gesamte Dorf, und damit 600 Einwohner, unter den Erdmassen begraben liegen.

Quelle: Pakistan News Alert Harnai-Quetta (Facebook-Seite)

Viele Häuser eingestürzt, weitreichende Schäden

Dass es viele eingestürzte Gebäude gibt, wurde auch in anderen Medien kurz angesprochen. Zudem meldeten Nachrichtenportale, dass ein Soldat beim Einsturz eines Postens getötet und zwei weitere verletzt wurden. In der militärisch geprägten Region sind Meldungen über den Tod von Soldaten im Einsatz nichts ungewöhnliches. Die Verstorbenen werden als Märtyrer verehrt und erhalten deswegen besondere Aufmerksamkeit. Anders bei verstorbenen Zivilisten.

Außerhalb von Nordwasiristan, im östlich gelegenen Ort Lakki Marwat, rund 100 Kilometer vom Epizentrum entfernt, starb zudem ein Fußballer beim Einsturz seinen Hauses. Eine Meldung, die dafür spricht, dass das Erdbeben weitreichend in Pakistan schädliche Wirkung hatte.

Fazit: 40 Tote, Verschüttete und viele zerstörte Gebäude nur im Bild eines kurzen Videos. Dazu Meldungen über fehlende Hilfe, weitreichende Schäden und fehlende Möglichkeiten für journalistische Arbeit. Die Situation in Nordwasiristan nach dem Erdbeben scheint katastrophal, auch wenn offizielle Aussagen fehlen. Sollte es sich bestätigen und die Opferdichte ähnlich wie in Afghanistan sehr hoch sein, wären auch hier Hunderte Tote und viele Verletzte wahrscheinlich. Betroffene, die anders als im international im Fokus stehenden Afghanistan, wohl auf Hilfe von Außen verzichten müssen.

Danke an Israr Ullah (geodisasters.com) für die Übersetzung von Medien und Videos