Vulkankrise in Äthiopien: Erdbeben, Bodenhebungen und eine Dampfexplosion

Im Zentrum von Äthiopien dauert eine Erdbebenserie an. Mehrere Beben seit Ende September erreichten Magnitude 5. Viele Häuser wurden zerstört. Neu auflebende Aktivität am seit Jahrhunderten inaktiven Vulkan Fentale scheint die Ursache zu sein. Nördlich des Vulkans bildeten sich seit Beginn der Erdbebentätigkeit große Spalten im Boden. Eine hydrothermale Explosion am Freitag fördete Dampf und kochendes Wasser. Satellitendaten zeigen zudem, dass im Untergrund größere Mengen Magma aufsteigen.

Etwa 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Addis Adeba liegt die Region Amash innerhalb des Ostafrikanischen Grabens. Die Region ist bekannt für seismische Aktivität. Vulkanische Aktivität hat es im letzten Jahrhundert allerdings nicht gegeben. Trotz der Gefahren ist die seismologische Überwachung in der Region sehr schlecht. Nur wenige Stationen in Äthiopien und Nachbarländern erfassen die Erdbebentätigkeit. So mag auch das, was USGS und GFZ seit Ende September registrieren, zunächst unspektakulär wirken.

Sechs mal bebte es laut USGS seit dem 27. September mit Magnituden zwischen 4.5 und 4.9. Zuletzt am Sonntagmorgen (13. Oktober) mit Magnitude 4.6. Die rudimentäre Erdbebenüberwachung der Region wirkt sich auf die Genauigkeit aus. Zwischen den lokalisierten Epizentren der Erdbeben liegen teils mehr als 40 Kilometer. Nicht besser sieht es beim GFZ aus, wo Magnitude und Epizentren von einzelnen Beben meist sehr deutlich von den USGS-Ergebnissen abweichen. Von Erdbeben unter Magnitude 4.5, die kein Erdbebendienst der Welt an diesem Ort registrieren kann, brauchen wir garnicht reden.

Erdbebenschwarm und Spaltenbildung seit Anfang September

Nur die Menschen vor Ort wissen aktuell, was in Awash geschieht. Über Soziale Netzwerke geben sie vereinzelt einen Einblick. So weiß man, dass der Erdbebenschwarm bereits deutlich früher, wohl Anfang September, einsetze. Man bekommt Bilder gezeigt von beschädigten Häusern und auch von Rissen im Boden. Letzteres ist verdächtig: Zwar sind Erdbebenschwärme entlang des Ostafrikanischen Grabens keine Seltenheit. Doch in der Größenordnung knapp unter Magnitude 5 hinterlassen sie eigentlich nie Spuren an der Erdoberfläche.


Noch verdächtiger wird es vor zwei Wochen, als sich nahe Awash plötzlich (nach dem wohl stärksten Erdbeben bis dato am 27. September) eine Spalte im Boden öffnete und heißes Wasser und Dampf austraten. Zunächst gemächlich, wie Videoaufnahmen zeigten, füllte das heiße Wasser einen kleinen Teich. Nur wenige Tage später wurde es explosiv. Innerhalb der heißen Quelle kam es wohl (die genauen Vorgänge und jeweilige Zeitpunkte sind aufgrund der bruchstückhaften Datenlage schwer einzuschätzen) am Freitag zu einer Dampfexplosion, in deren Folge heißes Wasser und Schlamm dutzende Meter hochgeschleudert wurde. Ein geysirähnliches Gebilde, das wohl auch am Wochenende noch aktiv war.

Dampfexplosion in heißer Quelle

Erdbeben, die Gebäude zerstören, Spalten im Boden, heiße Quellen und Dampfexplosionen. Den Menschen vor Ort wird zunehmend bewusst, dass es sich nicht um einen normalen Erdbebenschwarm handelt. Fentale, der Berg südwestlich von Awash ist ein aktiver Vulkan. Zwei Ausbrüche sind in historischer Zeit laut Smithsonian Institute überliefert, wobei es an der jüngsten Eruption vor 200 Jahren Zweifel gibt. Junge Lavaströme im Bereich der Caldera zeugen auf jeden Fall davon, dass die letzte Aktivität noch nicht allzu weit in der Vergangenheit liegt.

Über Youtube gehen in Äthiopien zuletzt vermehrt Warnungen rum, der Fentale könnte erneut ausbrechen. Dass angesichts der beobachteten Phänomene über einen vulkanischer Ursprung spekuliert wird, ist logisch. Auch Erdbebennews erwähnte bereits in einem vorherigen Beitrag, dass eine mögliche Magmaintrusion im Bereich des Fentale zu Bodenhebungen und damit zu Rissbildungen an der Erdoberfläche führen könnte. Auch die Bildung heißer Quellen und die eskalierende Dampfexplosion wäre eine realistische Folge von Magma, dass es bis weit nach oben in die Erdkruste geschafft hat.

Satellitendaten zeigen Magmaintrusion

Satellitendaten liefern nun weitere starke Hinweise darauf, dass sich in der Erdkruste unter Awash Magma ansammelt. Messungen des Sentinel-1-Satelliten, die Erdbebennews ausgewertet hat, zeigen auf einer Länge von rund 10 Kilometern, wie sich der Boden um bis zu 30 Zentimeter angehoben hat. Das Gebiet der Deformation, die wohl ursächlich für die Erdbebenaktivität ist, erstreckt sich über eine Breite von bis zu 30 Kilometern. Grundlage der Auswertungen sind die Messungen vom 24. September und 6. Oktober. Wie es sich seit dem 6. Oktober entwickelt hat, ist noch unklar. Die Dampfexplosion und damit der bisherige Höhepunkt der Aktivität fand wohl am 11. Oktober statt.

Bodendeformationen nördlich vom Fentale in Äthiopien zwischen dem 24. September 2024 und dem 6. Oktober 2024. Die kreisförmigen Strukturen innerhalb des Awash-Nationalparks zeigen die absolute Hebung. Ein Ring entspricht etwa 3 Zentimeter Hebung, bzw. Senkung. Der Bereich in der Mitte, wo sich beide Ringstrukturen überschneiden, zeigt die ungefähre Lage der Magmaintrusion. Satellitendaten via Sentinel-1, verarbeitet und ausgewertet von Erdbebennews. Hintergrundkarte: Google Earth.

Die wahrscheinliche Magmaintrusion findet allerdings nicht direkt im Bereich des Fentale statt. Das Zentrum der Deformation liegt rund 15 Kilometer nordöstlich der Caldera inmitten des Awash-Nationalparks. Landwirtschaftliche Flächen und mehrere Siedlungen befinden sich unmittelbar nördlich. Etwa 10.000 Menschen leben in der betroffenen Region. Ein möglicher Vulkanausbruch an dieser Stelle würde also direkt Bewohner umliegender Dörfer gefährden. Da von offizieller Seite keine Überwachung der Region stattfindet, gäbe es wohl keine Vorwarnung. Vor allem, da der Ausbruch wohl deutlich abseits des eigentlichen Fentale ereignen würde.

Katastrophe ohne Vorwarnung?

Magels genauer Daten vor Ort ist eine Abschätzung, was nun passieren könnte, sehr schwierig. Beobachtete geologische Phänomene deuteten bereits an, was durch Satellitendaten belegt ist: Nördlich des Fentale ist Magma in die obersten Kilometer der Erdkruste aufgestiegen und könnte nun zu einem Vulkanausbruch führen. Fehlende Überwachung und mangelndes Bewusstsein für die Risiken in der Bevölkerung könnten eine potentielle Katastrophe bedeuten. Durch neue Dampfexplosionen und Erdbeben drohen aber auch ohne einen Vulkanausbruch in den kommenden Wochen weitere Gefahren.

 

One thought on “Vulkankrise in Äthiopien: Erdbeben, Bodenhebungen und eine Dampfexplosion

  1. Hallo!
    Kaum verwunderlich, wenn in dieser Region mal wieder ein Vulkan ausbricht. Wer durch diese Region reist, sieht zahlreiche, erloschene Vulkane. Es gab vor ein paar Jahren schon Spalteneruptionen. Es wird einen Ausbruch geben. Es sind eindeutige Zeichen. Leider gibt Äthiopien mehr Geld für Militär, als für Vulkanüberwachung aus. Und es gibt sehr viele Gebiete. Nicht nur Erta Ale. Und an ein paar Calderen liegen große Städte. Auch, was die Erdbebensicherheit der Gebäude in Addis Abeba betrifft, habe ich große Zweifel.

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