Sie dauern länger, klingen tiefer – und verraten Prozesse, die sonst im Verborgenen bleiben: In der Eifel wurden erneut mehrere Deep Low Frequency Erdbeben registriert. Sie stammen aus Bereichen, in denen heißes, magmatisches Fluid durch die Erdkruste aufsteigt – und könnten mit einem aktuellen Mikrobebenschwarm am Laacher See in Zusammenhang stehen.
In den vergangenen Tagen wurden in der Eifel erneut mehrere Deep Low Frequency (DLF) Erdbeben registriert. Diese tiefen, ungewöhnlich langwelligen Erschütterungen traten in zwei Clustern auf, die bereits in einer Studie von Hensch et al. (2019) beschrieben wurden. Diese liegen in Tiefen von 25, bzw. 32 Kilometern. Normale Erdbeben treten in Tiefen um 10 Kilometern auf. (Zu den Registrierungen des Erdbebendienstes Südwest)
Bemerkenswert: Zeitgleich mit einem der DLF-Ereignisse kam es direkt unterhalb des Klosters Maria Laach zu einem kleinen Schwarm Mikrobeben. diesmal in nur sieben Kilometern tiefe. Dessen Signale zeigen auch keine langperiodischen Merkmale – die Ereignisse sind also klassisch-tektonischer Natur. Trotzdem könnte es einen geophysikalischen Zusammenhang geben.
Was sind DLF-Erdbeben?
DLF-Erdbeben – auf Deutsch etwa „tiefe niederfrequente Erdbeben“ – sind ein global bekanntes Phänomen an aktiven oder ruhenden Vulkanen, aber auch in tektonisch aktiven Gebieten wie Subduktionszonen.
Im Gegensatz zu normalen Erdbeben zeichnen sie sich durch:
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tiefe Herde (10–45 km),
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niedrige dominierende Frequenzen (1–5 Hz),
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lange, harmonische Signalformen ohne klare P- und S-Phasen,
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und geringe Magnituden (meist unter M 2)
aus.

Diese Eigenschaften deuten darauf hin, dass DLFs nicht durch das plötzliche Aufreißen von Gestein entstehen. Stattdessen führt hier langsames Versagen oder Fluidbewegungen in heißen, partiell aufgeschmolzenen Zonen zu den messbaren Beben. Wenn sich magmatische oder CO₂-reiche Fluide ihren Weg durch das Gestein bahnen, verändert das lokal die Spannungsverhältnisse. Dies löst diese charakteristischen, langperiodischen Signale aus.
Tiefe Prozesse unter der Eifel
Die Eifel ist seit Langem bekannt für hohe CO₂-Flüsse und eine fortschreitende Hebung der Erdoberfläche (Kreemer et al. (2020)). Beides sind Indizien für einen noch aktiven Wärme- und Fluidtransport aus dem oberen Mantel.
DLF-Beben wurden hier erstmals 2013 beobachtet und treten seither wiederholt in mehreren Clustern auf. Die jüngsten Ereignisse stammen aus den Zonen C2 und M1, die von Hensch et al. als Teil eines tiefreichenden magmatischen Kanals zwischen etwa 10 und 43 Kilometern Tiefe beschrieben wurden.
Eine aktuelle Tomographiestudie des GFZ Potsdam (Zhang et al., 2025) bestätigt diese Struktur:
Unter dem Laacher See existiert ein zylindrischer Körper mit hohem Vp/Vs-Verhältnis – ein typischer Hinweis auf fluide- oder schmelzgefülltes Gestein.
Diese Zone reicht bis rund 10 km Tiefe und wird von Mikroerdbeben an ihren Rändern begrenzt – genau dort, wo aufsteigende Fluide auf die sprödere Kruste treffen.
Darunter beginnt der tiefere DLF-Kanal, in dem die langperiodischen Ereignisse entstehen. Er bildet offenbar eine Art Verbindung zwischen dem oberen Mantel und der Magmakammer, die beim Ausbruch des Laacher See-Vulkans vor rund 13 000 Jahren aktiv war.
Wie hängen tiefe und flache Beben zusammen?
Mehrere internationale Studien zeigen, dass DLFs oft zeitlich oder räumlich mit flacheren Beben verknüpft sind – ein Hinweis auf Fluidmigration innerhalb des magmatischen oder tektonischen Systems. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass die gleichzeitige Aktivität tiefer DLFs und flacher Mikrobeben nicht durch einen mechanischen Druckstoß, sondern durch das Aufsteigen heißer, magmatischer Fluide erklärbar ist.
Diese Fluide wandern entlang bestehender Klüfte und Störungszonen, verändern dort die Reibungsbedingungen und können in höheren Krustenteilen kleine Spannungsänderungen auslösen, die sich als Mikrobeben zeigen. In der Eifel wurde dies zuletzt im Jahr 2017 beobachtet. Nach einer Sequenz von DLFs in verschiedenen Tiefen kam es neben einem deutlich spürbaren Erdbeben (M2.7) an der Ochtendung-Störungszone auch zu einem Erdbebenschwarm nordwestlich des Laacher Sees.
Kein Grund zur Sorge – aber viel zu lernen
DLF-Erdbeben sind keine Anzeichen eines unmittelbar bevorstehenden Ausbruchs.
Sie zeigen vielmehr, dass das vulkanische System der Eifel noch aktiv und durchlässig für Fluide ist:
Magmatische Gase und Schmelzen zirkulieren in der Tiefe, Kanäle öffnen und schließen sich, und Spannungen werden langsam abgebaut. Durch Klüfte und Störungen können Gase und Fluide bis in die obere Kruste aufsteigen und dort Erdbeben und Erdbebenschwärme auslösen.
Für die Forschung sind diese Ereignisse äußerst wertvoll:
Sie erlauben einen Blick in Prozesse, die sonst unsichtbar bleiben, und helfen zu verstehen, wie magmatische Systeme über Jahrtausende hinweg „atmen“, lange nach ihrem letzten Ausbruch. Langfristig können diese Erkenntnisse dazu beitragen, zukünftige Vulkanausbrüche besser vorherzusagen.
Sehr geehrter Herr Skapski,
herzlichen Dank für Ihre ausgezeichnete Arbeit, die enorm wichtig ist!
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Geduld, Erfolg und Freude bei Ihrer Arbeit.
Herzliche Grüße nach Thüringen (in meine Heimat) von Frankfurt am Main.
Liebe Grüße
Angela Steinmetz