Starke Erdbeben in Yunnan in den letzten Jahrzehnten

Nach dem verheerenden Erdbeben in Sichuan vor zwei Wochen, bei dem 217 Menschen ihr Leben verloren haben, (wir berichteten) machten US-Forscher die Prognose, dass der Nachbarprovinz Yunnan in den kommenden Jahren ein noch schlimmeres Schicksal ereilen könnte. Demnach sei ein Erdbeben der Stärke 8 jederzeit möglich.
Yunnan ist eine der südlichsten chinesischen Provinzen. Sie hat direkte Grenzen zu den Nachbarstaaten Myanmar im Westen, sowie Laos und Vietnam im Süden. In ihr leben etwa 46 Millionen Menschen auf einer Fläche, die geringfügig kleiner ist, als Deutschland und die Schweiz zusammen. 
Durch die Kollision der Indischen mit der Eurasischen Erdplatte, liegt Yunnan überwiegend im Gebirge, 90% des Landes sind Erdbebengebiet. 
Auf die Warnung der amerikanischen Forscher, reagierten die chinesischen Behörden mit Zurückhaltung. Jeder in Yunnan wisse, dass es jederzeit zu schweren Erdbeben kommen kann. Es mache keinen Sinn, die Bevölkerung deshalb besonders zu warnen. So lange weder der genaue Zeitpunkt, noch der genaue Ort des Erdbebens bestimmt werden kann, könne man sowieso nichts machen, außer sich auf die allgegenwärtige Gefahr vorzubereiten.
Seit 2011 gab es in Yunnan insgesamt 5 tödliche Erdbeben, denen insgesamt 112 Menschen (direkt) zum Opfer fielen. Zudem gab es viele weitere Erdbeben, die teils schwere Schäden und viele Verletzte verursachten. Keines dieser Erdbeben war stärker als 5,6. Die Kombination aus teils schlechter Bauweise, einer hohen Erdrutschgefahr und stellenweise ungünstigen Bodenbedingungen sorgen dafür, dass selbst moderate Erdbeben um M 4,5 zu erheblichen Verlusten führen können.

Die chinesische Regierung hat in den letzten 10 Jahren stärker auf diese Gefahren reagiert. Neubauten werden, vor allem in Städten, so ausgelegt, dass sie mindestens Intensität VII (entspricht etwa der Intensität am Epizentrum eines durchschnittlichen M 5,5 Erdbebens in China) ohne größere Schäden standhalten können. Bei wichtigen öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Schulen sind die Vorschriften strenger. Ältere Gebäude unterliegen diesen Bedingungen noch nicht. Meist fehlt das Geld zur Aufbesserung. Aus diesem Grund investiert die Regierung zunehmend in Programme zur Aufklärung. Schon im frühesten Kindesalter lernen die Menschen mit der Gefahr umzugehen. Der chinesische Katastrophenschutz gehört zu den besten der Welt, wenn es um das Handeln nach der Katastrophe geht. Binnen weniger Stunden läuft überall im Katastrophengebiet die Bergung von Verschütteten, sowie die Betreuung und Versorgung von Überlebenden. Zudem wird in der Provinz Sichuan das weltweit erste Frühwarnsystem getestet, dass über Microblogging (ähnlich wie Twitter) funktioniert. Damit sollen die Bewohner der großen Städte (zur Zeit „nur“ Chengdu) bis zu 15 Sekunden vor Eintreffen der zerstörerischen Erdbebenwellen gewarnt werden. Sekunden, die hunderten Menschen das Leben retten können.
Gefährliche Erdbeben über Magnitude 5 gibt es in Yunnan durchschnittlich alle 4 Monate, (Zuletzt am 17. April 2013) Magnitude 6 alle 18 Monate (zuletzt am 21. August 2008, 5 Tote). Magnitude 7, so wie vor zwei Wochen in Sichuan, trifft Yunnan durchschnittlich alle 10 Jahre. Das letzte, von den chinesischen Behörden so eingestufte Erdbeben, ereignete sich am 3. Februar 1996. (322 Tote) Magnitude 8 gibt es, Berechnungen zufolge, etwa alle 100 Jahre. Auf Basis historischer Überlieferungen, kam es am 6. September 1833, nach Einschätzungen des NGDC, zum letzten Beben der Stärke 8. (6700 Tote)

Yunnan ist zwar im Chinesischen Vergleich eine der Provinzen, mit den meisten moderaten bis starken Erdbeben, doch schwere Erdbeben über M 8 sind auch in vielen anderen Provinzen möglich. Es gab 14 überlieferte, vom NGDC auf M 8 oder mehr geschätzte Erdbeben in China. Davon betroffen waren die Provinzen Xinjiang (4x), Gansu, Shanxi (je 2x), Shaanxi, Fujian, Shangdong, Hebei, Ningxia und Yunnan (je 1), jeweils mit vielen tausend Opfern. Das Erdbeben in Shaanxi 1556 gilt als das weltweit tödlichste Erdbeben aller Zeiten. Schätzungen gehen von bis zu 830.000 Toten aus.