Schon vor Beginn der instrumentellen Erdbebenüberwachung in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts hat es in der Bundesrepublik immer wieder größere Erdbeben gegeben. Viele blieben aufgrund der verursachten Schäden und anderer Effekte dank Chronisten in Erinnerung.
Zur Adventszeit werfen wir einen Blick in die Erdbebenvergangenheit von Deutschland und stellen jeden Tag bedeutende Ereignisse aus der vorinstrumentellen Ära vor. 

8. Dezember: Das Detmold-Erdbeben 1767

Der Norden Deutschlands gehört aktuell zu den tektonisch stabileren Zonen Europas. Vor Millionen von Jahren sah die Situation anders aus. Im Laufe der Erdgeschichte verliefen durchs heutige Nordeuropa mehrfach Plattengrenzen oder große Störungszonen, an denen Kontinente kollidierten oder massive Gesteinsschollen verschoben worden. So entstanden teils noch heute markante Gebirgszüge wie der Harz. Die meisten dieser erdgeschichtlichen Störungszonen sind noch heute vorhanden, doch weisen sie keinerlei seismischer Aktivität auf – zumindest nicht im Zeitraum der gesicherten Aufzeichnungen. Die einzige markante Störungszone, an der es nachweislich in den vergangenen Jahrhunderten Erdbeben gegeben hat, ist die Osning Störung.

Diese rund 120 Kilometer lange Störung, die bereits vor rund 200 Millionen Jahren entstanden ist, verläuft entlang des Teutoburger Walders an der Grenze von NRW und Niedersachsen bis rein nach Ostwestfalen. Dort, am südöstlichen Ende der Störungszone, haben sich in historischer Zeit zwei Erdbeben ereignet. Das jüngere, etwas schwächere, traf im Jahr 1767 die Region im Detmold.

Zwar gehörte dieses Erdbeben, das in den Katalogen mit Maximalintensität VI bewertet wird, nicht zu den größeren Schadenbeben der Geschichte. Doch stellte es für die sonst erdbebenarmen Regionen Ostwestfalens und Südniedersachsens das zweite spürbare Erdbeben innerhalb weniger Jahre dar – Nach dem bis dort verspürten Dürener Erdbeben im Jahr 1756.
Einzig in Paderborn soll das Beben 1767 zu kleineren Schäden geführt haben. Die Erschütterungen umfassten weitere Städte wie Bielefeld, Münster, Nienburg und Lippstadt.

Bis heute ist nicht klar, wie das Erdbeben 1767 zu bewerten ist: Als Zeichen, dass die Osning-Störung seit Jahrmillionen aktiv ist und auch in Zukunft mit solchen Erdbeben zu rechnen ist, oder als Zeichen einer (temporären) Reaktivierung der Osning-Störung als Folge der Gletscherschmelze nach der letzten Eiszeit. Zudem bleibt die Frage offen, wie der Aktivitätszustand anderer großer Störungen in Norddeutschland ist. Zumindest von der Harznordrandstörung weiß man dank paläoseismologischer Untersuchungen, dass dort nach der letzten Eiszeit ein größeres Erdbeben stattgefunden hat.

(Geschätzte) Angaben zum Erdbeben 1767
Datum: 19. Januar 1767
Momentmagnitude: 4.0
Maximalintensität: VI
Schäden: Ja
Opfer: Nein
Verortungen des Epizentrums (hohe Unsicherheit):

Literatur
Brandes, C., Winsemann, J., Roskosch, J., Meinsen, J., Tanner, D. C., Frechen, M., … & Wu, P. (2012). Activity along the Osning Thrust in Central Europe during the Lateglacial: ice-sheet and lithosphere interactions. Quaternary Science Reviews, 38, 49-62.
Leydecker, G. (2011).
 Erdbebenkatalog für Deutschland mit Randgebieten für die Jahre 800 bis 2008.
Sieberg, A. (1940). Beiträge zum Erdbebenkatalog Deutschlands und angrenzender Gebiete für die Jahre 58 bis 1799. na.