Island: Erdbebenschwarm erschüttert Grindavik – Neuer Vulkanausbruch am Fagradalsfjall?

Seit rund drei Jahren ist die isländische Reykjanes-Halbinsel im Südwesten des Landes ein Schwerpunkt für seismische und vor allem vulkanische Aktivität. Drei Ausbrüche des Vulkans Fagradalsfjall, mehrere magmatische Intrusionen und wiederholte Erdbebenschwärme beschäftigen Bewohner und auch Touristen. Nun kommt es seit zwei Tagen zu einem neuen Erdbebenschwarm. Dieser folgt auf eine magmatische Intrusion im September. Kündigt sich ein neuer Vulkanausbruch an?

In den letzten 48 Stunden registrierte die isländische Meteorologiebehörde IMO auf der Reykjanes-Halbinsel insgesamt rund 3000 meist kleine Erdbeben. Die stärksten dieser Beben erreichten Magnitude 3.9 und 4.5. Der Schwerpunkt der Aktivität lag unmittelbar nördlich des Ortes Grindavik an der Südküste der Halbinsel, rund 12 Kilometer südwestlich der Stelle des letzten Vulkanausbruchs im Frühjahr 2023.

Aufgrund der Nähe zum Ort waren viele der Erdbeben deutlich spürbar, die beiden stärksten auch noch in der 40 Kilometer entfernten Hauptstadt Reykjavik. Die Aktivität ähnelt den Erdbebenschwärmen, die in den vergangenen Jahren gehäuft und oft im Vorfeld von neuen vulkanischen Episoden stattfanden. So ist auch der aktuelle Erdbebenschwarm, der zur Zeit noch andauert, wahrscheinlich auf eine magmatische Quelle zurückzuführen.

Denn ein weiterer Erdbebenschwerpunkt auf der Reykjanes, nicht nur zuletzt, sondern über die letzten Monate,  ist das Gebiet um den Vulkan Fagradalsfjall. Nachwegen der letzten Eruptionen, aber, das zeigten Satellitendaten im September, möglicherweise bereits ein Vorgeschmack auf einen neuen Ausbruch. Denn in einer Tiefe von etwa 10 Kilometern soll sich erneut Magma ansammeln, eine sogenannte Intrusion. Diese drückt von unten in die Erdkruste und hebt dabei das Gestein oberhalb an. Verformungen, die mit Satelliten messbar sind.

Und Verformungen, die in der sowieso gestressten Erdkruste zu kleineren Erdbeben führen. Beben bis Magnitude 3.3 wurden dabei registriert.

Im folgender 3D-Ansicht sind alle Erdbeben seit dem 1. September 2023 aufgeführt. Die jünsten Erdbeben sind rot dargestellt, hervorstechend vor allem der aktuelle Erdbebenschwarm bei Grindavik. Als dunkelrote Fläche ist die ungefähre Position der magmatischen Intrusion eingezeichnet.

Erdbebenaktivität auf der Reyjkanes-Halbinsel seit dem 1. September 2023. (Stand: 26. Oktober 2023) Erdbebendaten: Vedur.is
Hinweis: Tiefendaten sind auf ganze Kilometer gerundet. Dargestellt sind nur Erdbeben mit manueller Auswertung. Vollbildansicht der 3D-Grafik

Man sieht deutlich oberhalb und im direkten Umfeld der Intrusion eine stark erhöhte Aktivität von Mikroerdbeben. Stärkere Erdbeben sind vor allem in geringeren Tiefen zu finden. Bei den kleinsten Beben im direkten Umfeld des Magmas kann man davon ausgehen, dass diese direkt durch das Aufbrechen des Gesteins beim Eindringen der Schmelze entstanden sind. Beben weiter oben hingehen sind eine Folge der Hebung der Erdkruste.

So auch der Grindavik-Schwarm. Betrachtet man die Karte der Bodenhebung infolge der Intrusion zeigt sich, dass ein relativ großes Gebiet unter dem Druck des Magmas angehoben wurde. Die Region Grindavik lag zum Zeitpunkt der Messung (Mitte September) zwar nur am äußersten Westrand des Deformationsbereichs. Da wir aber inzwischen Ende Oktober haben und die magmatische Intrusion mutmaßlich andauert, wie die ebenfalls andauernden Erdbeben dort mutmaßen lassen, dürfte dieser Bereich größer geworden sein.

Auch die Isländische Meteorologiebehörde geht von einem solchen Zusammenhang aus. Bereits im Vorfeld früherer Vulkanausbrüche am Fagradalsfjall reagierte die Region um Grindavik mit kleineren Erdbebenschwärmen. Die Region ist hydrothermal sehr aktiv, sodass, anders als weiter östlich, schon eine geringe Druckänderung ausreicht, um Erdbebenschwärme zu triggern. Zudem haben auch kleinere Intrusionen der vergangenen Jahre an dieser Stelle ihre Spuren hinterlassen.

Was in der 3D-Grafik oben ebenfalls auffällt, ist eine Art seismische Lücke direkt unterhalb des Fagradalsfjall. Während die Erdbeben fast überall auf der Halbinsel entlang einer breiten West-Ost-Linie auftreten, klafft hier ein Loch. Grund dafür ist, dass sich an dieser Stelle wohl noch immer Magma befindet. Reste der vorheringen Eruptionen, die in der Erdkruste verblieben und noch immer so heiß sind, dass Erdbeben hier nicht auftreten können. Erdbeben sind plötzliche Brüche im Gestein als Reaktion auf Druck. Bei hohen Temperaturen kann Gestein aber nicht brechen, sondern wird, ähnlich wie Brotteig, einfach gebogen.

Der aktuelle Erdbebenschwarm bei Grindavik deutet also nicht auf eine neue Magmaintrusion dort und damit auf eine kommenden Vulkanausbruch nahe des Ortes hin. Stattdessen ist er eine Reaktion auf die erneut auflebende und sich möglicherweise verstärkende Aktivität unterhalb des Fagradallsfjall, der offenbar Anlauf für eine vierte Eruption nimmt. In diesem Fall dürfte die Erdbebenaktivität auf der Reykjanes-Halbinsel in den kommenden Monaten weiter aufleben. Es bleibt abzuwarten, ob es tatsächlich dazu kommt, oder ob der Magmanachschub erstmal wieder versiegt.

One thought on “Island: Erdbebenschwarm erschüttert Grindavik – Neuer Vulkanausbruch am Fagradalsfjall?

  1. Dann haltet euch schon mal bereit, laut Thorvaldur wird es die nächsten 300 Jahre so weiter gehen, hier bei uns auf Reykjanes, aber kein Ausbruch ist lebensgefährlich, eher was für das Auge…

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