Island: Satellitendaten belegen Magmaintrusion bei Grindavik
Drei Tage nach Beginn des Erdbebenschwarms nahe des isländischen Ortes Grindavik konnten Satellitendaten die Ursache der Seismizität ermitteln: Eine neue Magmaintrusion unterhalb des Thorbjörn, einem Vulkankegel wenige Kilometer nördlich von Grindavik. Dies teilte die Isländische Meteorologiebehörde am Samstag mit. Zuvor gingen die Behörden davon aus, dass die Erdbebenaktivität eine Fernwirkung einer weiteren Intrusion am Fagradalsfjall-Vulkan ist.
Mehr als 7000 Erdbeben haben sich in den letzten Tagen rund um Grindavik ereignet, die stärksten mit Magnitude 4 bis 4.5 in Tiefen von rund vier bis sechs Kilometern. Zuletzt kam es am Morgen des 27. Oktober zu einem Erdbeben der Stärke 4.0. In der Folge nahm die seismische Aktivität deutlich ab. Zuletzt kam es nur noch zu einzelnen Mikrobeben, allerdings in geringerer Tiefe.
Die Erdbeben blieben weitestgehend folgenlos. Nach Angaben der Meteorologiebehörde kam es jedoch zu Bodenrissen oberhalb des Erdbebenschwarms. In der Region befinden sich neben Grindavik und dem Berg Thorbjörn auch die weltberühmte Blaue Lagune, weshalb das Gebiet bei Touristen sehr beliebt ist.
7000 Erdbeben nahe Touristen-Hotspot
Thorbjörn gehört zum Vulkansystem Reyjkanes, das einen ähnlichen Charakter aufweist wie das Fagradalsfjall-System. Zuletzt kam es vor rund 800 Jahren dort zu einem Vulkanausbruch. Doch bereits seit drei Jahren kommt es vermehrt zu Anzeichen, dass die Jahrhunderte der Ruhe auch hier langsam ein Ende finden: Bereits in den Jahren 2020 und 2022 kam es, ebenfalls unterhalb des Thorbjörns, zu Magmaintrusionen.
Die Situation weist somit einige Parallelen zum Fagradalsfjall-System auf, das 2021 ebenfalls nach Jahrhunderten Inaktivität und mehreren Magmaintrusionen in den Vorjahren erneut ausgebrochen ist. Weitere Ausbrüche folgten 2022 und 2023. Doch anders als bei den Fagradalsfjall-Eruptionen, die in unbesiedelten Gebieten stattfanden und massenweise Touristen anzogen, wäre ein erneuter Vulkanausbruch am Reykjanes-System eine potentielle Bedrohung für Touristen und Bewohner von Grindavik.
Vulkanausbruch könnte Grindavik bedrohen – auch Erdbebenrisiko steigt
Zur Zeit ist jedoch unklar, wie akut das Risiko eines Vulkanausbruchs ist. Die genaue Lage der Magmaintrusion muss noch modelliert werden. Die ersten Satellitendaten sowie die Erdbebenaktivität deuten jedoch darauf hin, dass der Magmaspalt in rund 8 Kilometern Tiefe unmittelbar nordwestlich des Thorbjörn verläuft. Ob das Magma weiter aufsteigt und die Oberfläche erreichen kann, oder ob es in der Tiefe stecken geblieben ist, bleibt unklar. Beide Fälle würden die zuletzt rückläufige Erdbebenaktivität erklären. Die Meteorologiebehörde kündigte für Sonntag neue Informationen an.
Als Reaktion auf die unklare Situation wurde der Flugwarnstatus des Reykjanes-Systems auf Gelb angehoben – eine Vorwarnung, dass in naher Zukunft vulkanische Aktivität nicht ausgeschlossen ist.
Nach drei Intrusionen innerhalb weniger Jahre sehen Vulkanologen nun eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden Jahren zu einem Ausbruch kommt, da sich inzwischen eine größere Menge Magma angesammelt hat. Zudem besteht nun mit zwei aktiven Vulkansystemen in geringer Entfernung zueinander ein weiter zunehmendes Erdbebenrisiko. Jede neue Magmaintrusion beeinflusst das Spannungsfeld in der Erdkruste. Dadurch können Störungssysteme aktiviert werden, die bisher außen vor blieben.