Politisch ist Syrien momentan das dominierende Thema in den globalen Medien. Auch wir wollen die Gelegenheit nutzen, über Syrien zu schreiben. Nicht über Giftgas, Bürgerkrieg oder Militärschlag, sondern über das Thema, dass vor allem das Syrien des 12. Jahrhunderts geprägt hat: Erdbeben.

Syrien ist, auch wenn es in den letzten Jahren vielleicht nicht besonders auffiel, ein Erdbebenhochrisikogebiet. Im bereits genannten 12. Jahrhundert gab es kaum Nationen / Regionen auf der Erde, die so stark von Erdbeben betroffen waren, und vor allem die so herbe Verluste erlitten.
Aber auch schon früher hat es zerstörerische Erdbeben gegeben, die aufgrund der frühen Hochkulturen in der Region und den später dort lebenden Römern überliefert sind.
Menschen kamen vor allem in den Trümmern ihrer Häuser um, oder starben bei Erdrutschen. Auch von Erdspalten, die Menschen verschluckten, wird teils berichtet.

Tektonisch gesehen ist Syrien, wie der gesamte Nahe Osten mit den Nachbarstaaten Libanon, Jordanien und Israel eine Knautschzone. Hier treffen die Anatolische, die Afrikanische, und die Arabische Platte aufeinander.

Der Großteil von Syrien liegt dabei auf der Arabischen Platte, die sich mit durchschnittlich 2 Zentimetern pro Jahr nach Norden schiebt. Im äußersten Westen an der Mittelmeerküste geht Syrien in die Afrikanische Platte über, die sich in die gleiche Richtung bewegt, allerdings deutlich langsamer mit nur wenigen  Millimetern im Jahr. Es kommt zu einer Situation, die ähnlich der Situation im Norden der Türkei (Istanbul) oder in Kalifornien ist, wo die eine Platte (Arabische) sich an der anderen (Afrikanischen) vorbeibewegt.

Im äußersten Nordwesten von Syrien, sowie überwiegend im Süden der Türkei, kommt es schließlich zur Kollision der Arabischen und der Anatolischen Platte.
So wie es auch die Plattenkonstellation aussagt, fanden die schwersten Erdbeben im Westen von Syrien statt, teils mit Folge eines Tsunamis im Mittelmeer. Die Magnitude der meisten Beben ist nicht bekannt, viele der im Folgenden genannten werden aber auf Magnitude 7 oder mehr geschätzt, ein paar könnten sogar an Magnitude 8 herangereicht haben.
Das erste gut bekannte große Beben wird auf den 29. November 533 n. Chr. datiert. Es ereignete sich bei der Stadt Aleppo nahe der Türkischen Grenze, mehr als 100.000 Menschen verloren den Überlieferungen zufolge ihr Leben. Auch in Constantinopel (Istanbul) war das Erdbeben spürbar.
Aus der Mitte des 8. Jahrhunderts werden zwei weitere schwere Erdbeben überliefert, die sowohl in Hatay (Türkei), als auch an vielen Orten Syriens zu schweren Verwüstungen führten und allein in Syrien mehreren 10.000 Menschen das Leben kosteten.

Eines der schwersten Beben überhaupt im Nahen Osten ereignete sich im Jahr 1033. Davon waren Syrien, sowie der Libanon, Israel (vor allem Jerusalem) und Teile Ägyptens betroffen. Zehntausende starben, einige auch bei dem folgenden Tsunami.

Ein ähnliches Beben folgte im Jahr 1076, wobei dieses weniger tödlich war.
Weitere, überwiegend auf Damaskus beschränkte, aber dennoch zerstörerische Erdbeben, folgten in den 90er Jahren des 11. Jahrhunderts.

Das 12. Jahrhundert:

1115 zerstörte ein Erdbeben bei Aleppo mehrere Städte. 1138 ähnliches, dabei starben allein rund um Aleppo 230.000 Menschen.
In den 50er Jahren kam es zu einer ganzen Reihe verheerender Erdbeben im Westen Syriens, die Damaskus, Aleppo, Homs und Hama, sowie Städte in der Türkei und im Libanon nahezu vollständig zerstörten. Zehntausende Menschen starben.
1169 wurde erneut ganz Syrien, sowie Orte im Irak von einem extrem heftigen Erdbeben erschüttert. Damaskus, Homs und Aleppo sollen erneut zerstört worden sein, bis zu 80.000 Opfer werden geschätzt.
Zwei Erdbeben, 1182 und 1183, richteten vor allem in den Grenzregionen zur Türkei, bzw. Libanon und Israel schwere Schäden an. Auch dabei starben Zehntausende.
Auch zu Beginn des 13. Jahrhunderts hielten die Erdbeben an. 1202 wurde erneut der ganze Nahe Osten, inklusive Ägypten getroffen. Zehntausende Tote und Tsunami.
In den folgenden Jahrhunderten traten schwere Erdbeben nur noch vereinzelt auf. So wie 1343, wo anscheinend nur Damaskus betroffen war. Dennoch tausende Opfer.
1404 und 1616 kam es zu starken Erdbeben in Aleppo, die aber nicht so katastrophal waren, wie frühere.
1752 und 1796 waren die letzten beiden überlieferten katastrophalen Erdbeben im Westen von Syrien. Seit dem blieb es relativ ruhig. 
Ein Beben, das hunderte Gebäude an der libanesischen Grenze zerstörte, folgte 1905, danach wurden im Westen von Syrien keine größeren Beben mehr registriert. 
In den letzten Jahrzehnten gab es kaum Beben über Stärke 5. Es ist ruhig, So ruhig wie seit Jahrhunderten nicht. Irgendwann wird auch diese Ruhe enden, die nächste Katastrophe wird Damaskus, Aleppo, Homs und Hamah heimsuchen, unabhängig von der politischen Lage. Die Vergangenheit belegt dies. Wann es so weit ist, wird bis zum Schluss ein Geheimnis bleiben. Aber egal was geschehen wird: Die Menschen in Syrien werden weiter machen, ihre Städte wieder aufbauen und weiterleben. Im 21. wie im 12. Jahrhundert.

Datenquellen:
NGDC
Chronik der Erdbeben und Vulcanausbrüche – Band 1, Karl Ernst Adolf von Hoff