Schon vor Beginn der instrumentellen Erdbebenüberwachung in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts hat es in der Bundesrepublik immer wieder größere Erdbeben gegeben. Viele blieben aufgrund der verursachten Schäden und anderer Effekte dank Chronisten in Erinnerung.
Zur Adventszeit werfen wir einen Blick in die Erdbebenvergangenheit von Deutschland und stellen jeden Tag bedeutende Ereignisse aus der vorinstrumentellen Ära vor. 

5. Dezember: Die Leipzig-Erdbeben

Angesichts der Erdbebenaktivität der vergangenen Jahre, dürfte es nur wenige Bewohner überraschen, dass der Norden Sachsens, speziell auch die Leipziger Bucht, zu den erdbebengefährdetsten Gebieten Deutschlands gezählt wird. Zeigten sich die tektonischen Prozesse jüngst durch zwei leichte Erdbeben in den Jahren 2015 und 2017 sowie den regelmäßigen Erdbebenschwärmen im Vogtland, waren es im Mittelalter möglicherweise große, zerstörerische Erdbeben.

Das erste, deutschlandweit eines der frühesten überliefern Erdbeben, traf den Norden Sachsens im Jahr 827. Mit nicht mehr als der einfachen Beschreibung „zerstörend“ ist dieses Ereignis in den Chroniken vermerkt, was auf Intensität VII schließen lässt. Studien vermuten das Epizentrum südlich von Grimma. Jedoch ist mangels Informationen keine genauere Auswertung des Erdbebens oder seiner Auswirkungen möglich.

Als ähnlich unsicher lässt sich das zweite, vermeintlich große Erdbeben in Nordsachsen betrachten, das sich am 12. Mai, bzw. am 26. März des Jahres 1088 ereignet haben soll. In den jüngeren Chroniken und Katalogen ist von einem großen Erdbeben mit Herdintensität VII (oder höher) die Rede, das, ausgehend von einem theoretischen Epizentrum im Raum Halle, bzw. in der Markgrafschaft Meißen, bis nach Sachsen und Thüringen und im Osterzgebirge verspürt wurde. In älteren Aufzeichnungen ist keine einheitliche Beschreibung zu finden, sodass statt einem großen auch mehrere kleinere Beben binnen weniger Wochen durch die Überlieferungen beschrieben sein könnten.

Deutlich mehr Aufzeichnungen sind zu einem Erdbeben am 26. Juni 1540 vorhanden, das seinen Ursprung mutmaßlich ebenfalls nahe Grimma hatte. Während das Schüttergebiet große Teile des Erzgebirges, dem Süden des heutigen Sachsen-Anhalt und Teile von Thüringen und Polen umfasste, verursachte das Erdbeben angeblich Schäden in Meißen, Rochlitz, Chemnitz und Altenburg.
Es wird in neueren Studien mit Intensität VI bis VII beziffert und damit schwächer als die mutmaßlichen früheren Erdbeben.

Viele kleinere Gebäudeschäden berichten Chronisten durch ein Erdbeben am 25. Oktober 1711, so unter anderen in Leipzig, Halle und Orten der Umgebung. Erschütterungen wurden in weiten Teilen Sachsens und im Osten Thüringens verspürt. Das Beben wird ebenfalls mit Intensität VI bis VII in Katalogen gelistet, was den Schäden entspricht, doch ist das Schüttergebiet kleiner als beim Erdbeben 1540, was eine niedrigere Magnitude andeutet.

Die Geschichte zeigt für die Regionen Leipzig und Nordsachsen, dass es mehrmals Schadenbeben gegeben hat. Hinter möglichen großen Erdbeben steht allerdings mangels Überlieferungen ein Fragezeichen. Dass solche großen Erdbeben aber theoretisch möglich sind, steht aber außer Frage, was auch jüngst nochmals durch eine Studie bestätigt wurde.

Verortungen der Epizentren (hohe Unsicherheit):

Literatur:
Dahm, T., Heimann, S., Funke, S., Wendt, S., Rappsilber, I., Bindi, D., … & Cotton, F. (2018).
Seismicity in the block mountains between Halle and Leipzig, Central Germany: centroid moment tensors, ground motion simulation, and felt intensities of two M≈ 3 earthquakes in 2015 and 2017. Journal of Seismology, 1-19.
Leydecker, G. (2011).
Erdbebenkatalog für Deutschland mit Randgebieten für die Jahre 800 bis 2008.
Neunhöfer, H. (2018).
Die makroseismisch dokumentierten historischen Erdbeben in Thüringen und Nordwestsachsen.
Sieberg, A. (1940). 
Beiträge zum Erdbebenkatalog Deutschlands und angrenzender Gebiete für die Jahre 58 bis 1799. na.
Ziegert, A. (2015).
 Erdbebenkatalog Thüringen von 841 bis 2015.