Schon vor Beginn der instrumentellen Erdbebenüberwachung in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts hat es in der Bundesrepublik immer wieder größere Erdbeben gegeben. Viele blieben aufgrund der verursachten Schäden und anderer Effekte dank Chronisten in Erinnerung.
Zur Adventszeit werfen wir einen Blick in die Erdbebenvergangenheit von Deutschland und stellen jeden Tag bedeutende Ereignisse aus der vorinstrumentellen Ära vor.
14. Dezember: Die Erdbeben in Straßburg und Kehl
Zwar ist der gesamte Oberrheingraben grundsätzlich erdbebengefährdet, doch gab es in den vergangenen Jahrhunderten einige regionale „Hotspots“, an denen besonders viele Erdbeben registriert wurden. Begründet sind diese Unterschiede im zufälligen und relativ seltenen Auftreten größerer Erdbeben, was solche kurzzeitige Cluster wahrscheinlich macht. Langfristig (über einen Zeitraum betrachtet, der die historischen Aufzeichnungen überschreitet) würde sich dies wieder ausgleichen und eine einigermaßen gleichmäßige Verteilung der Erdbeben ergeben.
Eine der Regionen mit einer solchen relativ hohen Aktivität ist das deutsch-französische Grenzgebiet nahe der Städte Straßburg und Kehl.
Seit dem späten Mittelalter sind in Straßburg mindestens zwei größere Erdbeben aufgetreten, die dort und in grenznahen deutschen Orten Intensität VII erreicht oder überschritten haben: Zunächst im Jahr 1289 und später nochmals im Jahr 1802. In beiden Fällen hat es an vielen Gebäuden in Straßburg signifikante Gebäudeschäden gegeben. In beiden Fällen gingen die großen Erdbeben mit einem jeweils mehrere Tage andauernden Schwarm einher.
1289 ereignete sich das Hauptbeben am 24. September mit mindestens fünf Nachbeben am selben Tag. Nachbeben dauerten bis in den November an, Vorbeben seien bereits früher im September aufgetreten.
Das Schüttergebiet dieses Bebens umfasste weite Teile des Oberrheingrabens und Südwestdeutschlands. Angeblich seien mehrere Burgen und Klöster beschädigt worden. Schäden an Gebäuden in Straßburg sind bestätigt.
1802 ging dem Hauptbeben am 2. November ein ähnlich kräftiges Vorbeben am 11. September voraus, allerdings ohne überlieferte Schäden. Bereits im Januar hatte eine Vorbebensequenz eingesetzt. Nachbeben endeten im Dezember. Mutmaßlich handelte es sich um ein schwächeres Beben als im Jahr 1289, allerdings aufgrund einer geringeren Herdtiefe mit (lokal) ähnlich starken Auswirkungen. Überliefert sind in Straßburg beschädigte Häuser und eingestürzte Schornsteine. Über Schäden im heutigen Deutschland ist nichts bekannt.
Der Ballungsraum Straßburg-Kehl stellt ein grenzübergreifendes Ballungszentrum dar, wo Auswirkungen eines möglichen großen Erdbebens entsprechend stärker sein können. Die jüngste Clusterung der seismischen Aktivität in diesem Gebiet lässt die Erdbebengefahr in naher Zukunft vergleichsweise hoch erscheinen. Dass eine langfristige Erdbebensequenz aber quasi überall einsetzen kann und so die kurzfristige Erdbebengefährdung massiv verändern kann, hat unter anderem die Aktivität auf der Schwäbischen Alb gezeigt.
(Geschätzte) Angaben zum Erdbeben 1289
Datum: 24. September 1289
Momentmagnitude: 4,5 – 5
Maximale Intensität: VII
Schäden: Ja
Opfer: Nein
(Geschätzte) Angaben zum Erdbeben 1802
Datum: 2. November 1802
Momentmagnitude: 4 – 4,5
Maximale Intensität: VII
Schäden: Ja
Opfer: Nein
Lage des Epizentrums:
Literatur
Leydecker, G. (2011). Erdbebenkatalog für Deutschland mit Randgebieten für die Jahre 800 bis 2008.
Sieberg, A. (1940). Beiträge zum Erdbebenkatalog Deutschlands und angrenzender Gebiete für die Jahre 58 bis 1799. na.