Campi Flegrei: Die Selbstzerstörung deutscher Medien

Die Situation am italienischen Vulkan Campi Flegrei haben wir in den vergangenen Wochen ausführlich in mehreren Artikeln beschrieben. Dabei haben wir erklärt, wie es um die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs steht, welche Gefahren realistisch sind und warum vor allem Erdbeben das Problem sind. Schwerpunkt der Aktivität war der September. Seit rund einem Monat nimmt die Aktivität kontinuierlich ab. Keine Entwarnung, aber ein deutliches Zeichen der Entspannung, das Hoffnung gibt. An dieser Stelle möchte ich, statt diese klare Aussage erneut auf 600 Wörter auszudehnen, auf einen anderen Aspekt der Campi Flegrei Geschichte eingehen, die ich bisher nur am Rand betrachtet habe:

Skrupellose Medienmacher, die seit Wochen mit einem Vorschlaghammer die Fundamente des seriösen Journalismus zerstören, wiederholt auf dessen Trümmer urinieren und dabei betrunken „Layla“ gröhlen. 

Ich fasse zusammen, wie Medien in den letzten Wochen mit Texten zu dem Vulkan profit machen und dabei vor Lügen, betrügerische Methoden und gezielter Manipulation nicht zurückschrecken. Leser werden durch suggerierte oder offen ausgesprochene aber erfundene Zusammenhänge in die Irre geführt, damit sie durch neue Suchanfragen neue Klicks bringen. All das trotz offenbar tolerierter Verletzung der Google News Richtlinien. Praktiken, die im schlimmsten Fall Menschenleben gefährden können.

Dieser Beitrag fällt in die Kategorie „Kommentar“, da ich eigene Meinung, als solche kenntlich, ergänzt habe und auch auf subjektive Formulierungen zurückgreife. Zudem verzichte ich bewusst auf Verlinkung hier kritisierter Webseiten.

Wie Medien lügen, betrügen und Menschenleben gefährden

Schauen wir zunächst, was Google News zu Campi Flegrei liefert.

Hier sehen wir bereits mehrere Schlagzeilen, manche bei beiden Suchbegriffen, die einem zum Weinen bringen können. Die inflationäre und völlig sinnfreie Verwendung des Begriffs „Supervulkan“, äußerst kreative Auslegungen der Bedeutung von „Neu“ und natürlich das komplette Erfinden von Sachverhalten. Was zudem auffällt: Drei Medien und ihre Schlagzeilen scheinen die Google News zu dominieren: „Merkur Online“, „Frankfurter Rundschau“ und „Berliner Morgenpost“. „Merkur Online“ und die „Frankfurter Rundschau“ sind Teil der Ippen-Mediengruppe, weisen damit inhaltliche Parallelen auf. Die „Berliner Morgenpost“ agiert als Teil der Funke Mediengruppe.

Dass beide Medienhäuser in der Google News suche gut abschneiden, sollte dafür sprechen, dass die Macher wissen, wie Google funktioniert, zum anderen aber auch, wie sie besonders viele Leute dazu bringen, auch auf die Google-Ergebnisse zu klicken. Dass sie für diese Klicks ihre journalistische Seele verkaufen müssen, dass sie für Klicks Lügen verbreiten, scheint ihnen egal. Gehen wir mehrere Punkte der Reihe nach durch. Zunächst zum harmlosesten, aber am weitesten verbreiteten Problem: Die Verwendung des Begriffs „Supervulkan“.

Was ist ein Supervulkan?

Gehen wir nach der Definition des United States Geological Survey (USGS) handet es sich bei einem Supervulkan um einen Vulkan, der in seiner Geschichte mindestens einmal (!) einen Ausbruch hatte, bei dem mehr als 1000 Kubikkilometer Asche, Gestein und Lava ausgestoßen wurde. Dies entspricht einem Vulkanexplosivitätsindex, VEI, von 8, wobei jeder Wert auf dem VEI dem Zehnfachen des ausgestoßenen Materials entspricht. VEI 5 entspräche somit einem Volumen von einem Kubikkilometer, VEI 6 10 Kubikkilometer, usw.

Hier ist bereits das erste Problem, denn nach dieser Definition ist Campi Flegrei kein Supervulkan. Der größte bekannte Ausbruch der Campi Flegrei förderte ein Gesteinsvolumen von 181 bis 265 Kubikkilometern. Dies entspricht VEI 7 und ist somit KEIN Supervulkan. Doch problematischer als das ist die generelle Nutzung des Begriffs, der von vielen Vulkanologen abgelehnt wird. Wie auch das USGS anmerkt, suggeriert der Begriff einen Vulkan, dessen Ausbruch immer katastrophale, globale Auswirkungen hat.

Dabei ist jeder Vulkan ein Supervulkan, der mindestens einmal in seiner Geschichte einen entsprechend großen Ausbruch hat. Egal, ob 10.000 andere Ausbrüche klein und völlig harmlos waren. Wenn der 10.001. kleine und harmlose Ausbruch sich anbahnt, wäre die Formulierung „Neuer Ausbruch des Supervulkans droht“ faktisch korrekt, aber sprachlich irreführend. Als würde jemand im Büro sagen „Ein Notfall, ich muss dringend ins Krankenhaus“, weil seine Frau, die Chefärztin, aus versehen seine Tasche mit wichtigen Dokumenten mitgenommen hat.

Zwar sind Campi Flegrei Ausbrüche generell nicht harmlos, so wie kein Vulkanausbruch inmitten einer Millionenmetropole harmlos wäre, aber doch in den allermeisten Fällen nicht so stark, dass überregionale Auswirkungen zu erwarten sind. Von einem „Ausbruch des Supervulkans“ zu sprechen, ist somit auf mehreren Ebenen falsch.

Neue beunruhigende Beobachtungen…

Nicht nur, dass Medien ohne Bedenken mit dem sachlich falschen Begriff Supervulkan mehr Drama erzeugen wollen, als sowieso schon da wäre, wenn man bei den Fakten bliebe. Viele Webseiten sind auch sehr gut darin, Informationen so auszulegen, wie es ihnen gerade passt. „Merkur Online“ veröffentlichte heute um 05:02 Uhr:

 

„Neue beunruhigende Beobachtungen – Ausbruch des Supervulkans in Italien immer wahrscheinlicher“

Beim Lesen der Headline, die so ähnlich auch von der „Frankfurter Rundschau“ veröffentlicht wurde, stellt sich natürlich die Frage: Welche beunruhigende Beobachtung macht einen Ausbruch des S.. S… S.. Vulkans (!!!!) immer wahrscheinlicher?

Nun erklärt nach Bericht der Heute.at Nello Musumeci, der Minister für Zivilschutz in Italien: „Nach Auffassung der Kommission Großrisiken des Zivilschutzes haben sich Hinweise verstärkt, dass an den Erdbeben und an der Hebung des Bodens auch Magma beteiligt ist.

Merkur beruft sich auf „Heute.at“, die sich wiederum aut „Italienische Medien“ berufen, die einfach den Facebook-Post von Nello Musumeci eingebunden haben (Quellenrecherche, „Merkur“???):

 

Unsichere Einschätzungen werden zu Fakten

Nello Musumeci schreibt u.a., laut automatischer Übersetzung auf Facebook:

„Auf der Grundlage der Ergebnisse und der durchgeführten Bewertungen stellt die Kommission fest, dass die Sammlung wissenschaftlicher Ergebnisse den Beweis für die Beteiligung von Magma am aktuellen Bradisismusprozess der Bodenhebens stärkt. Insbesondere glaubt er, dass das Gesamtbild – wenn auch keine einzigartige Interpretation – immer noch die Möglichkeit aufwirft, dass sich die aktuellen Prozesse weiter entwickeln könnten. Die Kommission hält es daher für angemessen, dass sowohl die Überwachungsmaßnahmen der Kompetenzzentren als auch die Präventionstätigkeiten der verschiedenen Komponenten des nationalen Zivilschutzdienstes weiter intensiviert und sich auf die mögliche Notwendigkeit vorbereiten, im Vergleich zu dem aktuellen Gelb rasch auf eine höhere Alarmstufe zu übersteigen.“

Zusammengefasst: Es gibt uneindeutige Hinweise darauf, dass Magma einen Einfluss auf die aktuelle Erdbebenaktivität und die Hebungen haben könnte. Deshalb besteht die Möglichkeit, dass bei einem erneuten Aufleben der Aktivität auch eine Erhöhung der Warnstufe in Betracht gezogen wird, die Evakuierungen zur Follge hätte.

Dazu sind mehrere Dinge im Kontext zu betrachten.

  1. Der Post ging am 31. Oktober raus, zu einer Zeit, als sich die Erdbebenaktivität schon seit Wochen wieder beruhigt hat
  2. Musumeci, selbst Berufspolitiker und kein Experte, betont die Unsicherheit und Mehrdeutigkeit der Daten klar und deutlich
  3. Innerhalb der regionalen Politik wurde Musumeci für diese Aussage scharf kritisiert, vor allem wegen des Zeitpunkts

Was Musumeci nicht gesagt hat: Dass ein Ausbruch des S… S… VULKANS immer wahrscheinlicher wird, oder dass die Erkenntnisse beunruhigend sind. Denn tatsächlich sind es auch keine Erkenntnisse, sondern Hinweise. Hinweise, die es bereits in der Vergangenheit gab, aber nie bewiesen werden konnten und zuletzt 2022 nochmal in einer wissenschaftlichen Publikation erklärt wurden.

Medien erfinden Aussagen über Gefährlichkeit

Was Musumeci auch nicht gesagt hat: Das, was „Der Standard“ sagt. „Supervulkan bei Neapel offenbar noch gefährlicher als befürchtet“

Einschub, eigene Meinung: Ja, es ist wichtig und richtig, dass man im Bezug auf die Aktivität am Vulkan alle Möglichkeiten in Betracht zieht und diese auch offen kommuniziert. Nur so kann gewährleistet werden, dass rechtzeitig die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Vor allem in einer dynamischen Lage, bei der in der Tat nicht ausgeschlossen ist, dass sie trotz aktueller Beruhigung in naher Zukunft sich wieder zuspitzt. Nur sollte man Unklarheiten auch als solche benennen und hervorheben, da diese für ein grundlegendes Verständnis zwingend notwendig sind.

Zusammengefasst: Deutsche und österreichische Medien erfinden Aussagen, indem sie „uneindeutige Interpretationen“ zu Fakten umdichten und dort eigene Interpretationen ergänzen. Das ganze zu einer Zeit, wo sich die Situation seit Wochen zu beruhigen scheint. Stichwort Zeitpunkt. Denn wer genau aufgepasst hat, wird noch wissen, dass der „Merkur“-Beitrag heute veröffentlicht wurde. Also genau eine Woche nach dem Posting vom Zivilschutzminister. Bisschen spät für eine solch brisante Meldung… also, „brisant“ in der „Merkur“-Umdichtung“. Aber gut, vielleicht waren die Münchener vorher noch zu sehr mit der Verarbeitung der Pokalniederlage des FC Bayern beschäftigt. Oder steckt da etwa ein System hinter? Schauen wir uns einen anderen „Merkur“-Beitrag an, ebenfalls von heute, nur eine Minute später veröffentlich. Was ein Zufall…

„Nach stärkstem Erdbeben seit 40 Jahren: Erneuter Erdstoß erschüttert Italien“

Stärkstes Erdbeben seit 40 Jahren – Seit fünf Wochen mehrmals täglich

Moment, es gab heute ein größeres Erdbeben in Italien? Und ein stärkstes seit 40 Jahren? Was sagt denn der Artikel…

Update vom 03. Oktober 2023, 07.38 Uhr: Erneut hat ein Erdbeben die Region um die süditalienische Stadt Neapel erschüttert. Der Erdstoß der Stärke 4,0 habe sich am Montagabend in den sogenannten Phlegräischen Feldern ereignet, erklärte der italienische Zivilschutz im vormals Twitter genannten Onlinedienst X. 

3. Oktober… Eine fünf Wochen alte Meldung wird heute veröffentlicht und landet in den Google News Ergebnissen ganz oben. Oder eher gesagt: Wiederveröffentlicht. In der aktuellen Artikelliste vom Verfasser Bjarne Kommenick ist dieser vermeintlich neue Text zwischen mehreren Artikeln vom 6. und 5. November nicht aufgelistet. Vom Artikel wurde einfach das Datum geändert, damit er wieder ganz oben, ganz aktuell in der Google-Suche vertreten ist und dabei suggeriert, dass es heute (oder gestern) ein starkes Erdbeben in Italien gegeben hat. In Italien, irgendwo in einem Land mit hoher Erdbebenaktivität, wo das „stärkste seit 40 Jahren“ vielerorts eine große Katastrophe wäre. Wie sehr muss man seine italienischen Leser hassen?

Auch die „Frankfurter Rundschau“ greift auf diese Methode zurück (klar, gleiches Medienhaus). Generell scheint diese Methode bei vulkanischen Meldungen, wo es viel um Spekulation und weniger um reale, zeitliche Ereignisse geht, sehr beliebt zu sein. Beim Eifel-Vulkan zum Beispiel. Dazu veröffentlicht das Online-Magazin „Männersache“, Teil der Bauer Media Group, seit Jahren regelmäßig diese Meldung:

„Wird hundertprozentig ausbrechen“: Deutscher Vulkan füllt sich mit Magma!
In Deutschland steht nach Expertenmeinung ein Vulkanausbruch bevor

Wiederveröffentlichung nach fünf Jahren führt Nutzer in die Irre

Von der ebenfalls fragwürdigen Aussage dieses Artikels mal abgesehen stammt diese Meldung aus dem Januar 2019, wie Tag24, teil der DVV-Mediengruppe, dank der gleichen Clickbait-Headline zeigt. Dass „Männersache“ dies nun seit fast fünf Jahren immer noch durchzieht, den Artikel immer wieder als „neu“ verkauft, ist meiner Ansicht nach Betrug am Leser. Am Kunden, der mit seinen Daten und personalisierter Werbung für den Klick bezahlt. Leider funktioniert es immer noch. Der Artikel landet bei Google oder anderen „News“-Suchmaschinen wie MSN und wird immer noch von Lesern geglaubt, wie dieser Beitrag bei „gutefrage“ zeigt.

 

Und leider haben weder der Laacher See noch Campi Flegrei Anwälte, um gegen diesen Mist vorzugehen, Dabei würde, wenn auch rechtlich wahrscheinlich kein strafbarer Betrug, die Wiederveröffentlichung von alten Inhalten zumindest den Google News Richtlinien widersprechen:

Artikel nicht künstlich aktualisieren: Wenn ein Artikel erheblich geändert wurde, kann es sinnvoll sein, ihn mit einem neuen Datum und einer neuen Uhrzeit zu versehen. Es verstößt jedoch gegen unsere Richtlinien, Artikeln künstlich den Anschein von Aktualität zu geben, wenn keine wichtigen Informationen hinzugefügt wurden oder es keinen anderen zwingenden Grund dafür gibt.

Die vom Ippen-Verlag oder von „Männersache“ verwendete Methode, um über Google und Google News immer wieder neue Klicks zu generieren, müsste also eigentlich dazu führen, dass die Medien von Google News ausgeschlossen werden und damit einen großen Teil ihrer Reichweite verlieren. Leider ist dies wie gesehen nicht so. Die Methode, durch vermeintliche Aktualität Angst zu schüren und Nutzer auf die Seite zu locken, funktioniert. Und zerstört nebenbei die Glaubwürdigkeit von Medien und auch Wissenschaftlern, weil in solchen Fällen oft auch Zitate von Forschern als Aufhänger genutzt werden.

Clickbait-Praktik verletzt Google News Richtlinie

Einschub, eigene Meinung: Das Wiederveröffentlichen von gewissen Inhalten, zum Beispiel wenn es sich um reines, ereiginsunspezifisches Informationsmaterial handelt, kann sinnvoll sein und wird zum Teil von Erdbebennews auch praktiziert. In dem Fall machen wir aber deutlich, dass es sich um eine Wiederveröffentlichung handelt. 

Doch es gibt noch ein weiteres Problem in den Veröffentlichungen von „Merkur“, „Frankfurter Rundschau“. Schauen wir genauer in den „Nach stärkstem Erdbeben seit 40 Jahren…“:

„Kleinere Erdbeben sind in Italien und besonders der Region keine Seltenheit. Alleine im August dieses Jahres sind 1118 Erdstöße registriert worden, seit mehr als elf Jahren gilt hier deshalb die Warnstufe gelb. Das Erdbeben gegen 3.35 Uhr ist jedoch das stärkste seit langem, sodass die Auswirkungen anders als in den meisten Fällen deutlich zu spüren gewesen sind, teils sogar noch in Rom und Potenza. Laut Erdbebennews.de handelte es sich um das stärkste Erdbeben am Vesuv seit 1999.“

Es kommt immer wieder zu Verwechslungen, teils bewusst, von Campi Flegrei und dem deutlich bekannteren Nachbarvulkan Vesuv. Hier wird mit Verweis auf einen Erdbebennews-Artikel von Juni 2023 die Aktivität im September 2023 an den Campi Flegrei als stärkstes Erdbeben am Vesuv seit 1999 bezeichnet, wobei im Titel ja vom stärksten Erdbeben seit 40 Jahren die Rede ist. Aber Zahlen, Fakten, Daten… Alles nicht so schlimm, so lange man trotzdem bei Google News ordentlich Klicks kriegt.

Gezielte Verwechslung von Namen und Daten

Den in der Campi Flegrei Geschichte völlig unbeteiligten Vesuv mit ins Boot zu holen, geschieht auch in diesem Artikel, der bei beiden Medien publiziert wurde.

„Beide Vulkane sind reif für eine Eruption – Forschende sorgen sich um Vesuv und Phlegräische Felder“

(11:49 Uhr? Moment, wurde der Text während ich hier schreibe, erneut wiederveröffentlicht?)

In dem Artikel geht es im Grunde um nichts anderes als um eine Expertenaussage, wonach auch der Vesuv in naher Zukunft ausbrechen könnte. Eine Tatsache, die schon seit vielen Jahren bekannt ist und öffentlich diskutiert wird. Einen Anlass, warum dies nun wieder erwähnt wird, gibt es nicht. Außer, dass viele Leute Campi Flegrei und Vesuv verwechseln (wie die Redakteure selbst). Der Vesuv ist einer der bekanntesten Vulkane weltweit, auch dank seines Ausbruchs im Jahr 79 n. Chr., der u.a. Pompeji zerstörte. Hört man von einem Vulkan bei Neapel, denkt man natürlich zuerst an den Vesuv. Und mit solchen Artikeln stellt man zudem sicher, dass der Suchbegriff „Vesuv“ Klicks bringt. Die Spitze der (bewussten oder unbewussten) Verwechslung bildet aber immer noch Pro7, die ebenfalls seit Wochen immer wieder solche Artikel veröffentlichen:

Italien: droht der Supervulkan Vesuv auszubrechen?

Campi Flegrei weckt Klickgier

Einen ähnlichen Artikel mit gleicher Verwechslung veröffentlichte auch das Schweizer Nachrichtenportal „Nau“. In diesem Artikel von „Nau“ ist zudem folgende Passage zu lesen:

Aktuell hält Thomas R. Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) den Vesuv «reif für eine Eruption». Das Online-Portal Erdbebennews meldet hingegen, dass «die letzten sieben Tage leisen Grund zur Hoffnung» gaben, «dass sich die Situation entspannt».

Hier wird Aussage von Thomas Walter über den Vesuv gegen eine Erdbebennews-Aussage über die Campi Flegrei gestellt. Möglicherweise, um journalistische Sorgfalt zu simulieren, oder einfach, um mit einer vermeintlichen Kontroverse weitere Unsicherheit zu schüren? Wir werden es nie erfahren. Übrigens findet sich eine sehr ähnliche Passage auch in einem Artikel von „Merkur Online“, dort immerhin ohne Verwechslung.

Es gibt noch viele weitere Beispiele von Nachrichtenartikeln, die nicht nur inhaltliche Schwächen aufweisen, sondern gezielt fragwürdige Methoden verwenden, um den Leser in die Irre zu führen. Die Ippen-Medien „Frankfurter Rundschau“ und „Merkur Online“ haben sich durch Wiederveröffentlichung alter Artikel ein funktionierendes Geschäftsmodell gebaut, obwohl es gegen die Richtlinien von Google verstößt. Andere Medien nutzen oder provozieren gezielt Verwechslungen, um Drama zu erzeugen und bei weiteren Suchbegriffen Klicks abgreifen zu können.

Die Aktivität am Campi Flegrei hat weltweit zu Interesse und auch Sorgen geführt. Ein Teil der deutschsprachigen Medienlandschaft hat diese Sorgen und Ängste gezielt ausgenutzt, um durch dramatisierte und teils komplett erfundene Aussagen, Klicks und damit Werbeeinnahmen zu generieren. Verwechslungen und betrügerisch anmutendes Vorgaukeln von Aktualität hält diese eierlegende Wollmilchsau am Leben. Auf Kosten der Leser, die mit aufgewärmten, irreführenden oder sogar erfundenen Inhalten konfrontiert werden, meist ohne es zu merken.

Eigene Meinung: Stoppt diesen Irrsinn!

Daher hier mein Appell an die Medienschaffenden, die noch ehrlich und mit Überzeugung ihren Beruf ausleben: Stoppt diese Praktiken! Lasst nicht zu, dass solche Methoden, die euch und euren guten Kollegen schweren Imageschaden zufügen, durchsetzungsfähig sind! Geht offen gegen Schwarze Schafe und Medienhäuser vor, die für Reichweite und Geld über Vertrauen und Gesundheit der Leser gehen! Campi Flegrei ist ein Vulkan, der sich nicht selbst verteidigen kann, auch wenn es seltsam klingt. Wenn Lügen darüber verbreitet werden, ist es rechtlich ohne Konsequenzen.  Würde man die gleichen Methoden bei Artikeln über Prominente oder Politiker anwenden, würde es Klagewellen rollen.

Daher ist es an uns, den Kollegen, den Betroffenen, den Opfern, solche Machenschaften nicht zu tolerieren. Dafür zu sorgen, dass solche Inhalte nicht die Reichweite bekommen, die sie bekommen. Google News darüber informieren, dass ihre Richtlinien verletzt wurden. Denn auch wenn deutsprachiges Publikum in der Regel nicht von einem Ausbruch der Campi Flegrei zu schaden kommen sollte und Irreführung hierzulande wohl keine fatalen Konsequenzen hat: Die Beispiele zum Laacher See und auch zu gewissen Wetterereignissen zeigen, dass manchen Medienhäusern die Gesundheit von Menschen egal ist. Die langfristigen Schäden, die durch Vertrauensverlust in Medien und Wissenschaft entstehen, sehen wir aktuell bei der Klimakrise.

Medien müssen ihren ursprünglichen freiheitlichen Wert erfüllen: Neutral, ehrlich und sorgfältig Fakten darstellen und dem Leser erklären. Skrupellose Geldgier hat in dem Geschäft nichts zu suchen. Natürlich ist es völlig legitim, Reichweite und auch Profit zu erzielen. Sonst wäre Medienschaffung auch nicht möglich. Doch sollte dies niemals über den eigentlichen Werten stehen.