Zwei Wochen Klingenthal-Erdbebenschwarm: Der aktuelle Stand

Im sächsischen Vogtland ist einer der intensivsten Erdbebenschwärme im Vogtland der letzten Jahre aktiv. Seit Mitte März bebt es nordöstlich von Klingenthal direkt an der tschechischen Grenze. Tausende Erdbeben wurden bereits aufgezeichnet, doch Anwohner bekamen von diesem Schwarm bislang wenig mit. Lediglich ein Erdbeben, Magnitude 1.5 am 25. März, wurde von einzelnen Anwohnern als leichtes Grollen wahrgenommen. Der große Rest der Erdbeben waren Mikrobeben meist deutlich unter Magnitude 1. Eine Einordnung der bisherigen Entwicklung des Schwarms.

Seismologische Aufzeichnungen der Station Tannenbergsthal bei Klingenthal. Dargestellt sind die Daten vom 15. März bis zum 1. April, 10:30 Uhr MESZ. Die Erdbeben sind als Ausschläge unterschiedlicher Größe deutlich erkennbar. (Für größere Ansicht auf die Grafik klicken)
Seismologische Aufzeichnungen der Station Tannenbergsthal bei Klingenthal. Dargestellt sind die Daten vom 15. März bis zum 1. April, 10:30 Uhr MESZ. Eine Zeile entspricht fünf Stunden Aufzeichnung. Die Erdbeben sind als Ausschläge unterschiedlicher Größe deutlich erkennbar. (Für größere Ansicht auf die Grafik klicken)

1. Größtes Erdbeben deutlicher Ausreißer

Zunächst fällt auf, dass die beiden „großen“ Erdbeben mit M1.5 und 1.1 am 25. März nicht wirklich ins Bild passen. Zum einen natürlich, weil sie deutlich stärker waren als die meisten anderen Beben. Und zum anderen, weil sie zu einer Zeit stattfanden, als es eigentlich relativ ruhig war. In den aktivsten Phasen blieben die Erdbeben hingegen meist er bei geringen geringen Magnituden.

2. Schwarmintensität variiert im Laufe der Zeit

Es ist gut erkennbar, dass die Erdbeben quasi in Wellen oder Schüben auftreten, in denen es binnen kurzer Zeit sehr viele kleine Erdbeben gibt. Dazwischen Phasen mit nur einzelnen (oder zumindest weniger) Beben. Diese Schübe sind klassisch für Schwarmbeben im Vogtland und resultieren aus der Entstehungsgeschichte. Durch Bewegung von Fluiden, die mal schneller, mal langsamer, mal in geringerer und mal in größerer Menge unterwegs sind, werden Spannungen im Gestein gelöst. Man sieht ebenfalls, dass sie in ihrer Stärke und Dauer variieren und dass die Schübe am 21. März sowie gestern und in der Nacht die bisher intensivsten waren.

3. Überdurchschnittlich viele kleine Erdbeben

Es kam zu sehr vielen Erdbeben, schwächer als die am 25. März, die in etwa die gleiche Stärke haben. Magnitude 0.5 bis 1.0 trat sehr häufig auf, Magnituden über 1 waren hingegen die absolute Ausnahme. Bei üblichen Vogtland-Schwärmen gilt die grobe Faustregel, dass auf jedes Erdbeben der Magnitude 3 zehn Erdbeben der Magnitude 2 und 100 Erdbeben der Magnitude 1 kommen, usw.

Dieser Faktor-10-Regel, bekannt als Gutenberg-Richter-Relation, folgt der Schwarm der Klingenthal-Schwarm überhaupt nicht. Solch hohe Anteile kleiner Beben kennt man zwar von früheren Klingenthal-Schwärmen, u.a. 1974 und 1984, und sind in der Ecke des Vogtlands somit wahrscheinlich mit den geologischen Bedingungen zusammenhängend, doch waren diese Schwärme deutlich kürzer und hatten auch eine höhere Maximalmagnitude.

4. Längster Erdbebenschwarm in Klingenthal seit 1962

Mit einer Länge von zwei Wochen und andauernd ist der aktuelle Erdbebenschwarm der langlebigste im Raum Klingenthal seit 1962. Auf eine solch lange Dauer kamen in der Vergangenheit meist nur die größeren Erdbebenschwärme, die auch zu vielen spürbaren Beben geführt haben. Zu dieser Kategorie gehörte auch der Schwarm 1962. Dieser begann am 22. August und dauerte bis Ende November. Die stärkste Phase mit mehreren Beben über Magnitude 3 hatte dieser Schwarm von Mitte September bis Anfang Oktober.

Manuell bestätigte Epizentren der bisherigen Klingenthal-Erdbeben. Daten vor allem bei kleinerer Magnitude unvollständig. Quelle der Daten

5. Seismologische Auswertung weiterhin unvollständig

Weil die Beben des aktuellen Schwarms so klein sind und es so viele davon gibt, kommen Erdbebendienste mit der Lokalisierung auch nicht hinterher. Zudem wächst mit kleinerer Magnitude die Unsicherheit bei der Lokalisierung. Daher ist es mit den bisherigen Daten nicht möglich, gesicherte Aussagen darüber zu treffen, ob es im Laufe des Schwarms zu räumlichen Verlagerungen der Aktivität kam. Erkennbar ist bisher aber nichts.

Bei den letzten größeren Erdbebenschwärmen zwischen Luby und Novy Kostel war es meist so, dass die Erdbeben dem Aufstieg der Fluide folgend im Laufe der Zeit eine geringere Tiefe hatten und sich meist auch ein wenig horizontal verlagern. Oft kam es dabei erst zu den stärksten Erdbeben, wenn die Fluide in geringere Tiefen vorgestoßen sind.

6. Weitere Erdbeben im Vogtland

Während der Erdbebenschwarm in Klingenthal aktiv war, kam es auch in anderen Teilen des Vogtlands zu Mikrobebenaktivität. In Novy Kostel wurden zwei kleinere Schwärme aufgezeichnet. Ein kleiner Schwarm ereignete sich bei Skalna. Etwas größer war ein Schwarm im Bayerischen Fichtelgebirge. Zu einzelnen Erdbeben kam es auch rund um Plauen und Schöneck. Keines der sonstigen Erdbeben wurde von Anwohnern verspürt.