Mehrere Hundert kleine Erdbeben haben sich in der vergangenen Nacht unterhalb des Vulkans Teide auf der Kanaren-Insel Teneriffa ereignet. Wie das Vulkanologische Observatorium der Kanarischen Inseln mitteilte, handelte es sich um den ersten derartigen Erdbebenschwarm seit rund drei Jahren. Rund 300 Erdbeben wurden innerhalb weniger Stunden verzeichnet, die meisten davon zu klein, um sie genauer zu lokalisieren.

Demnach kam es am 17. Juni zwischen etwa 2:30 Uhr und 7 Uhr zu den Mikrobeben, die sich in Tiefen von rund 10 bis 15 Kilometern. Das stärkste ereignete sich gleich zu Beginn des Schwarms und erreichte Magnitude 1.6. Damit war es zu schwach, um von Anwohnern der Insel verspürt zu werden. Ausgehend von diesem Erdbeben, dessen Epizentrum rund sieben Kilometer südwestlich des Gipfelkraters lag, breitete sich die Aktivität entlang einer Störungszone in Nordwest-Südost-Richtung aus.

Erdbeben Kanaren 17. Juni
Lokalisierte Erdbeben am 17. Juni 2022 auf Teneriffa. Seismologischen Stationen haben zwar Hunderte Erdbeben erfasst, konnten aber wegen zu geringer Stärke einen Großteil nicht präzise lokalisieren. Daten: IGN

Seismologische Aufzeichnungen ergaben, dass es sich um sogenannte Hybrid-Erdbeben handelt. Solche Erdbeben treten in der Regel in vulkanischen Regionen auf. Sie entstehen durch die Bewegung von Fluiden (Gase, Wasser oder auch Magma) in der Erdkruste. Anders als (vulkano-)tektonische Erdbeben, die auf einen einfachen Bruchmechanismus zurückgehen, sind Hybridbeben eine Kombination aus brechenden Gestein (durch den Druck der Fluide) und in der Folge Schwingungen im Gestein durch Fluidbewegungen.

Erdbebenschwärme dieser Art kommen an aktiven Vulkanen immer wieder vor, am Teide unter anderem 2016 und 2019. Sie stellen kein zwingendes Anzeichen bevorstehender vulkanischer Aktivität dar, können aber auf Ansammeln oder Bewegung von Magma in der Tiefe hindeuten. Für die aktuelle Lage am Teide bedeutet der Erdbebenschwarm keine Änderung. Ein erhöhtes Risiko eines Vulkanausbruchs wird zur Zeit nicht angenommen.

Der letzte Vulkanausbruch auf den Kanaren ereignete sich im vergangenen Jahr auf der Insel La Palma. Nachdem es fast fünf Jahre lang immer wieder zu Erdbebenschwärmen in rund 30 Kilometern Tiefe kam, die auf aufsteigendes Magma zurückzuführen waren, kam es nach kurzer Phase flacher und intensiver Erdbebenaktivität zum Ausbruch an der Westseite der Insel. Über mehrere Wochen ergoss sich ein Lavastrom über die Hänge des Cumbre Vieja und zerstörte Hunderte Häuser.