ShakeMap (Berechnete Intensität des Erdbebens in Afghanistan):


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Was ist passiert:

Im Südosten von Afghanistan hat ein starkes Erdbeben in der vergangenen Nacht zu schweren Verlusten geführt. Das Epizentrum des Bebens lag in der Provinz Chost nahe der Grenze zu Pakistan. Nach USGS-Auswertungen erreichte das Erdbeben Magnitude 5.9. Die Pakistanische Meteorologiebehörde ermittelte Magnitude 6.0. Die Auswirkungen des Erdbebens waren bis nach Kabul und Islamabad zu spüren.

In den Provinzen Chost und Paktina direkt am Epizentrum kam es nach Angaben lokaler Medien zu zahlreichen Opfern. Mehrere Dörfer wurden nahezu vollständig zerstört, darunter Vuchaki im Norden von Paktina und Dandaki in Chost. Lokale Behörden sprechen von aktuell bis zu 200 Toten und Verletzten, Krankenhäuser von mindestens 55 Toten und vielen Verletzten. Unter den Trümmern eingestürzter Häuser sollen sich noch zahlreiche Verschüttete befinden. Da sich das Erdbeben mitten in der Nacht ereignete, waren zum Zeitpunkt der Katastrophe fast alle Menschen in ihren Häusern. Die Taliban-Regierung hat zu den genauen Auswirkungen des Erdbebens noch keine Informationen veröffentlicht.

Meldungen über mögliche Auswirkungen im Nachbarland Pakistan liegen noch nicht vor. Aufgrund der Nähe des Epizentrums zur Grenze ist zu befürchten, dass es auch dort vereinzelt zu schweren Schäden gekommen ist.

Es ist bereits das fünfte tödliche Erdbeben in Afghanistan im Jahr 2022 und das tödlichste weltweit. Zuvor haben mehrere moderate Erdbeben am Hindukusch sowie ein M5.3 in der nordwestlichen Provinz Badghis Opfer und Zerstörung hinterlassen. (Zur Schadensübersicht) In den Jahren 2013 bis 2021 wurden in Afghanistan insgesamt nur drei tödliche Erdbeben aufgezeichnet.

Update 07:33 Uhr
Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, steigt die Opferzahl des Erdbebens auf Mindestens 130. 100 Opfer und 250 Verletzte wurden allein in der Provinz Paktina aufgezeichnet. Weitere Opfer gab es in Chost und Nangahar.
Die Nachrichtenagentur Mehr spricht von 150 Todesopfern.

Update 08:58 Uhr
Obwohl das ganze Ausmaß der Schäden noch nicht klar ist, sprechen Journalisten und Rettungskräfte vor Ort von katastrophalen Zuständen. Ganze Dörfer seien den Erdboden gleich gemacht worden. Dutzende Menschen sollen noch unter Trümmern begraben liegen. Manche Dörfer werden mit Massengräbern verglichen.
Die Zahl der bestätigen Todesopfer liegt unterdessen bei 280, davon ein Großteil alleine im Distrikt Gayan im Norden von Paktina. Mehr als 500 Menschen wurden zudem verletzt. Es ist damit bereits jetzt die schlimmste Erdbebenkatastrophe in Afghanistan seit 2002.

Trotz vermeintlich moderater Magnitude (5.9) war das Ausmaß der Schäden vor allem aufgrund der Bauweise extrem. Lehmziegelgebäude, die meist von den Bewohnern selbst errichtet wurden und teilweise Jahrzehnte alt sind, weisen keinen Widerstand gegen Erdbeben auf. Schon beim Badghis-Erdbeben (M5.3) Anfang des Jahres wurden Hunderte dieser Gebäude zerstört, damals mit „nur“ 10 Todesopfern. Erschwerend kommt hinzu, dass Paktina und Chost in der jüngeren Vergangenheit nicht von Erdbeben betroffen waren. Neu errichtete Gebäude, wie sie in früheren Katastrophengebieten vorkommen, sind meist deutlich resistenter.

Die hohe Opferzahl geht zudem auf die Uhrzeit zurück. Das Beben ereignete sich mitten in der Nacht und damit zu einer Zeit, wo nahezu alle Menschen in ihren Häusern sind und schlafen. Möglichkeit zur Flucht bietet sich dadurch kaum. Auch Erdrutsche sollen einige Häuser verschüttet haben.

Einzelne Nachbeben gab es bereits. Diese können auch in den kommenden Tagen und Wochen auftreten und Gebäude, die noch stehen, zum Einsturz bringen. Für die Überlebenden bedeutet dies ein hohes Risiko, falls sie in ihre Häuser zurückkehren möchten.

Update 11:32 Uhr
Die Zahl der Todesopfer in Afghanistan steigt auf 920.

Auch in angrenzenden Gebieten Pakistans kam es zu schweren Schäden. Erste Berichte aus der Region sprechen von eingestürzten Gebäuden und mindestens einem Todesopfer. Da in der Grenzregion zu Afghanistan viel militärische Aktivität stattfindet, kommen Informationen nur langsam an die Öffentlichkeit. Bei dem Todesopfer und zwei weiteren Verletzten handelt es sich um Soldaten, die in Nordwaziristan an der Grenze zu Afghanistan stationiert waren und unter einem eingestürzten Kontrollposten begraben wurden.

Update 13:48 Uhr
Eine Analyse, warum dieses Erdbeben so verheerend war und was zu der hohen Opferzahl beigetragen hat.

Datenquelle Erdbebenauswirkungen (falls vorhanden):

Voa, Shafaqna, Reuters, Mehrnews

Aktuelle Erdbebenaktivität in Afghanistan:

In den vergangenen 30 Tagen wurden in Afghanistan (Kartenausschnitt) 2 Erdbeben über Magnitude 4.5 registriert. Damit war die Erdbebenaktivität im vergangenen Monat dort etwas höher als im langjährigen Vergleich (weniger als 20 Prozent Abweichung).

Zusammenfassung der Erdbebendaten:

Wie verhalte ich mich im Falle eines schweren Erdbebens?

FAQ: Wie entstehen Erdbeben? Wo kommen sie vor? Wann sind Erdbeben gefährlich?

Erdbebenmessung im Wohnzimmer: Professionelle Seismometer für Experten und Laien (Gesponsert)

Allgemeine Informationen zu diesem Erdbeben:

Uhrzeit / Time (CET): 21. Juni, 22:54 Uhr

Magnitude: 5.9

Tiefe: 10 km

Spürbar / Felt: ja / yes

Schäden erwartet / Damage expected: ja / yes

Opfer erwartet / Casualties expected: möglich / possible

Ursprung / Origin: tektonisch

Tsunami: nein

Quellen (Erdbebendienste) zu allen Erdbebendaten / List of global earthquake surveys

See also: The most complete compilation of earthquake losses and casualties: Earthquake Impact Database

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    Erdbebendaten: GFZ

    Statistik:

    Seit 1960 gab es in der Region etwa 28 Erdbeben, die stärker waren als Magnitude 5.9. Durchschnittlich gibt es in dem Teil von Afghanistan 0.48 Erdbeben der Stärke 5.9 oder höher pro Jahr. Damit ist die Erdbebenaktivität in der Region normalerweise sehr hoch und Beben dieser Stärke haben eine durchschnittliche Wiederkehrperiode von etwa 2.1 Jahren (25 Monaten).

    Übersicht der stärksten Erdbeben im Kartenausschnitt* (Afghanistan und Umgebung)

    Datum Magnitude Tiefe (km)
    8.10.2005 7.6 26
    31.1.1991 6.9 142
    3.10.1975 6.7 11
    3.10.1975 6.4 33
    8.10.2005 6.4 8
    29.10.2008 6.4 14
    28.10.2008 6.4 15
    20.5.1992 6.3 16
    12.5.2000 6.3 108
    28.12.1974 6.2 22

    *Daten: USGS-Katalog (ab Magnitude 5, seit 1960)
    Hinweis: Der Erdbebenkatalog enthält neben natürlichen auch induzierten Erdbeben. Dazu zählen zum Teil auch Sprengungen und Explosionen. Somit sind einzelne „falsche“ Erdbeben in der Darstellung möglich. Auch die Magnitudenangabe einzelner Erdbeben kann aufgrund von Katalogunterschieden variieren.