Startseite » Deutschland » Neue Erdbeben (M2.6, 3.2 und 2.2) erschüttern Singen und Umgebung

ShakeMap (Berechnete Intensität des Erdbebens in Singen und Umgebung):


Epizentrum, ShakeMap und historische Erdbeben der Region auf interaktiver Karte anzeigen

Was ist passiert:

Ein weiteres Erdbeben hat den Kreis Konstanz erschüttert. Wie schon bei den Erdbeben am Dienstag lag das Epizentrum zwischen Singen und Radolfzell. Mit Magnitude 2.6 war das Beben schwächer als das Hauptbeben am Dienstag. Dennoch wurde es rund um das Epizentrum vielerorts schwach verspürt. Das Schüttergebiet umfasste neben Singen und Radolfzell auch Teile des Konstanzer Stadtgebiet sowie Orte in der Schweiz. Schäden infolge des Bebens sind nicht zu erwarten. Es ist das bisher stärkste Nachbeben der Serie. Weitere kleine Nachbeben sind in den kommenden Tagen möglich.

Update 18:02 Uhr
Vor wenigen Minuten das Hauptbeben: Magnitude 3.3, das stärkste Erdbeben der aktuellen Sequenz, hat weite Teile des Kreises Konstanz erschüttert. Das Epizentrum lag erneut in Singen. Das Schüttergebiet umfasste weite Teile des Kreises Konstanz und reichte nach unseren Berechnungen auch bis nach Tuttlingen und Schaffhausen. Für dieses Beben gelten nun dieselben Aussagen wie für das bisherige Hauptbeben vor zwei Tagen: Es ist das stärkste im Kreis Konstanz seit zwei Jahren und das stärkste Erdbeben im Deutschland im Jahr 2023 bisher.

Update 18:25 Uhr
Der Schweizerische Erdbebendienst hat das zweite und bisher stärkste Erdbeben nach manueller Überprüfung auf Magnitude 3.2 korrigiert.

Update 18:41 Uhr: Doppelbeben und Nachbebenserie

Ein Blick aufs Seismogramm der letzten Stunden, Station WALHA auf der Bodanrück-Halbinsel: Die beiden spürbaren Erdbeben am Vorabend, M2.6 um 17:28 Uhr und M3.2 um 17:57 Uhr sind deutlich erkennbar. Unmittelbar nach dem M3.2, ca. 15 Sekunden später, ist ein weiteres Erdbeben erkennbar, das bisher von den Erdbebendiensten nicht ausgewertet wurde. Es dürfte ebenfalls im Bereich von Magnitude 2 und somit am Epizentrum schwach verspürt worden sein. Dies wird uns auch von Zeugen bestätigt.
Ebenfalls erkennbar, dass sich bereits eine kleine Nachbebenserie eingestellt hat. Vier einzelne Erdbeben sind identifizierbar, allerdings deutlich unterhalb der Spürbarkeitsschwelle. Die Wahrscheinlichkeit für weitere spürbare Erdbeben in Singen, Radolfzell und Umgebung bleibt weiter deutlich erhöht.
(Die beiden Signale in der obersten grünen Spur des Seismogramms sind übrigens keine Erdbeben, sondern irgendwelche unidentifizierbaren Störgeräusche)

Wie entstehen Erdbeben am Bodensee?

Der Kreis Konstanz war in den letzten Jahren eine der erdbebenreichsten Regionen Deutschlands. Mehrere Erdbebenschwärme und Erdbebensequenzen erschütterten die Orte zwischen Bodanrück-Halbinsel und Hegau. Das Gebiet liegt innerhalb einer tektonischen Bruchzone, die sich vom Bodensee bis zum Oberrhein erstreckt. Diese sogenannte Freiburg-Bodensee Scherzone entstand während der Alpenkollision und ist weiterhin aktiv. Entlang kommt es zu Scher- und Dehnbewegungen in der Erdkruste. Das heißt, als Reaktion auf den Druck der Alpen wird die Erdoberfläche in ihrem östlichen Abschnitt, dem sogenannten Hegau-Bodensee-Graben, auseinander gezogen. Zudem bewegt sich die Kruste südlich der Zone nach Westen, nördlich davon nach Osten.

Diese Bewegungen sind sehr langsam und finden mit einer Geschwindigkeit von weniger als einem Zentimeter pro Jahrhundert statt. Das ist weniger als im deutlich aktiveren Oberrheingraben. Doch sie sind groß genug, um gelegentlich Erdbeben auszulösen. Dass diese Erdbeben zuletzt vor allem als Erdbebenserien, bzw. als Erdbebenschwärme stattfanden, ist eine Besonderheit, wenn auch angesichts der tektonischen Situation nicht völlig überraschend. Das deutet auf das Vorhandensein von Fluiden (Wasser und Gase) in der Erdkruste hin. Was genau die treibende Kraft dahinter ist, konnte bisher nicht identifiziert werden. Trotz der Nähe zu den inaktiven Hegau-Vulkanen, die gemeinsam mit dem Hegau-Bodensee-Graben entstanden, gibt es keine Hinweise auf einen vulkanischen Ursprung.

Zeugenmeldungen

Radolfzell
29.06.2023
Ein starker Ruck… bzw. Schlag (Intensität IV)

Rielasingen-Worblingen
29.06.2023 um 17:58
Deutliche Erschütterung des Balkons und Gläserklirren (Intensität III bis IV)

Rielasingen
29.06.23 17:58
Kurzes Rütteln
Keine Schäden (Intensität III)

Rielasingen-Worblingen
29.06.23 17.32
Kurzer Wackler in der Wohnung (Intensität III)

Moos-Weiler
29.Juni 2023 17.57 ca
Kurze Erschütterung des ganzen Hauses. Deutlich spürbar (Intensität III – IV)

Moos
29.06.23, 17:58
2-3 Sekunden, ein leichter Knall, Vibration unter den Füßen und der Fensterschmuck hat gescheppert. (Intensität IV)

Radolfzell-Innenstadt
29.6.2023 17:58
Ordentlicher Rums, wie ein sehr großer Laster. Deutliche Erschütterung gespürt. (Intensität III bis IV)

Singen-Bohlingen
29.06.2023 kurz vor 18.00 Uhr
Zuerst hat es gegrummelt, ähnlich wie Baumaschienen, dann ein Knall und es hat geschüttelt, danach meine ich wieder ein leises Grummeln gehört zu haben (Intensität IV und II)

Gottmadingen
29.05.2023 17.58
Waren beim Abendessen und der Tisch und mein Stuhl haben gewackelt. (Intensität III)

Singen
29.06.2023 17.57 Uhr
2 kurze Erdstöße, das ganze Haus hat gewackelt. Es schien von Westen nach Osten zu verlaufen (Intensität IV)

Betroffene Städte, Orte (Daten für das initiale M2.6)

Stadt Land Intensität (EMS-98) Bewohner Entfernung Epizentrum (km) Beschreibung
Singen DE 2.7 48000 5.4 kaum spürbar
Radolfzell DE 2.6 30000 4.7 kaum spürbar
Moos DE 2.5 3000 2.9 kaum spürbar
Rielasingen-Worblingen DE 2.5 12000 5.2 kaum spürbar
Volkertshausen DE 2.4 3000 8.8 kaum spürbar
Winterthur CH 1.3 92000 29.8 nicht spürbar
Stuttgart DE 0.0 590000 117.3 nicht spürbar
Ulm DE 0.0 120000 108.8 nicht spürbar
Villingen-Schwenningen DE 0.0 82000 47.1 nicht spürbar
Luzern CH 0.0 82000 89.4 nicht spürbar

Seismogramme

Wie man mit einem eigenen Seismometer zur Erdbebenregistrierung beitragen kann: Mehr dazu hier.

Zusammenfassung der Erdbebendaten:

Wie verhalte ich mich im Falle eines schweren Erdbebens?

FAQ: Wie entstehen Erdbeben? Wo kommen sie vor? Wann sind Erdbeben gefährlich?

Erdbebenmessung im Wohnzimmer: Professionelle Seismometer für Experten und Laien (Gesponsert)

Allgemeine Informationen zu diesem Erdbeben:

Uhrzeit / Time (CET): 29. Juni, 17:28

Magnitude: 2.6

Tiefe: 9.8 km

Spürbar / Felt: ja / yes

Schäden erwartet / Damage expected: nein / no

Opfer erwartet / Casualties expected: nein / no

Ursprung / Origin: tektonisch

Tsunami: nein

Quellen (Erdbebendienste) zu allen Erdbebendaten / List of global earthquake surveys

See also: The most complete compilation of earthquake losses and casualties: Earthquake Impact Database

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    Erdbebendaten: SED

    Statistik:

    Seit 1950 gab es in der Region (Baden-Württemberg und Umgebung) etwa 59 Erdbeben, die stärker waren als Magnitude 4 (Daten: USGS). Durchschnittlich gibt es in der Region (Deutschland und Umgebung) 1.0 Erdbeben der Magnitude 4 oder höher pro Jahr. Beben dieser Stärke haben somit eine durchschnittliche Wiederkehrperiode von etwa 1.0 Jahren (12 Monaten).

    Übersicht der stärksten Erdbeben in Singen und Umgebung

    Jahr Intensität
    1889 6.5
    1977 6.5
    1533 6.0
    1588 6.0
    1771 6.0
    1917 6.0
    1935 6.0
    1976 6.0
    1705 5.5
    1892 5.5

    *Daten: Erdbebenkatalog Leydecker (Spürbare Erdbeben in Deutschland und Umgebung, 800 – 2012), seit 2013: erdbebennews.de