Erdbebenserie in Tirol: Magnitude 3.9 bei Kitzbühel

Startseite » Deutschland » Erdbebenserie in Tirol: Magnitude 3.9 bei Kitzbühel erschüttert Teile von Oberbayern

ShakeMap (Berechnete Intensität des Erdbebens in Deutschland, Österreich, Italien):

Berechnete Intensität (ShakeMap) des Erdbebens der Stärke 4.0 am 23. Januar, 04:50 Uhr in Österreich
Epizentrum, ShakeMap und historische Erdbeben der Region auf interaktiver Karte anzeigen

Betroffene Menschen

Das Erdbeben der Stärke 4.0 ereignete sich am 23. Januar, 04:50 Uhr Mitteleuropäischer Zeit nahe des Ortes Waidring, Österreich. Erdbebennews berechnet für dieses Erdbeben eine Maximalintensität von 5.1. Bis zu 1.2 Mio Menschen (im Kartenausschnitt) haben dieses Erdbeben gespürt. Davon leben 1.2 Mio Menschen in Regionen mit leichten oder mäßig starken Erschütterungen, wo keine nennenswerten Schäden zu erwarten sind. 0 Menschen leben dort, wo Schäden an Gebäuden auftreten können, davon 0 in Gebieten mit möglichen schweren Schäden und Zerstörungen.

Intensität 2 3 4 5
Betroffene Menschen 1.0 Mio 116k 14k 55
Intensitätsstufe Betroffene Menschen Auswirkungen
2 – 5.5 1.2 Mio Spürbares Beben
5.5 – 6.5 0 Leichte Schäden
6.5 – 8 0 Mäßige Schäden
8 – 10 0 Schwere Schäden

Was ist passiert?

Mit dem heutigen Erdbeben hat die seit 12 Tagen andauernde Erdbebenserie nordöstlich von Kitzbühel einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Erdbeben ereignete sich wie viele vorherige am frühen Morgen gegen 4:50 Uhr und riss somit viele Anwohner aus dem Schlaf. Das Schüttergebiet reichte bei der Magnitude deutlich weiter als bei vorherigen Beben. So liegen nach unseren Berechnungen noch Salzburg und Rosenheim im Bereich von Intensität II. Rund um das Epizentrum erreichte es lokal Intensität V. Geringfügige, nicht strukturelle Schäden an einzelnen Gebäuden sind hier möglich. Zu beachten ist: Unsere Berechnung in der ShakeMap oben ist teils grober aufgelöst als die eigentlichen, kleinräumigen Intensitätsänderungen in den Alpen sein können.

Auf deutscher Seite wurden die stärksten Erschütterungen in und um Reit im Winkl erreicht (ca. Intensität IV). Das Gebiet mit Intensität III erstreckt sich über Unterwössen bis zum Chiemsee.

Seit dem 11. Januar dauert die Erdbebenserie zwischen den Orten St. Johann im Tirol und dem Pillerseetal an. Wir haben bereits vor einigen Tagen über die Hintergründe dieser Bebenserie geschrieben. Nun kam es nochmals zu einem stärkeren Beben. Zuvor registrierte die Österreichische Meteorologiebehörde Geospehe (vormals ZAMG) 11 Erdbeben über Magnitude 2, davon vier über Magnitude 3. Dabei zeigte sich im Laufe der Zeit ein Trend zu stärkeren Erdbeben. Der bisherige Höhepunkt, Magnitude 3.5, ereignete sich am Freitagabend.

Weiterer Verlauf der Erdbebenserie unklar

Mit dem heutigen Beben der Stärke 4.0 ist zwar ein neuer vorläufiger Höhepunkt gesetzt. Dass dies nun das Ende der Erdbebenserie einleitet, ist jedoch nicht gesagt. Allein schon aufgrund der recht hohen Magnitude muss mit spürbaren Nachbeben gerechnet werden, die möglicherweise auch bis Reit im Winkl reichen. Zudem kann bei fortdauernder Bebenserie auch ein neues, eventuell sogar noch stärkeres Erdbeben nicht ausgeschlossen werden. Über die Unsicherheiten und mögliche Verläufe solcher Erdbebensequenzen haben wir auch im Hintergrund-Artikel (im vorherigen Absatz verlinkt) geschrieben.

In einigen Medien kam es aufgrund der andauernden Beben in den vergangenen Tagen zu teils widersprüchlichen Meldungen bezüglich potentiell starker Erdbeben, teils auch falsch von anderen Seiten abgeschrieben. Richtig ist, dass es in Tirol nachweislich in vorhistorischer Zeit starke Erdbeben um oder sogar über Magnitude 6, vielleicht bis Magnitude 6.5, gegeben hat. Nachgewiesen sind diese aus dem westlichen Teil Tirols. Über stärkere Erdbeben auch im Osten, wo sich die aktuelle Serie befindet, gibt es keine Hinweise, aber solche Beben sind auch dort theoretisch denkbar. In historischer Zeit waren starke Beben im Westen nicht größer als ca. M5.5, im Osten kam es zu keinen bekannten Beben über M5.0.

Rein theoretisch, und dies ist ein Szenario, das ebenfalls von einigen Medien aufgegriffen wurde, könnten Tirol und Südbayern von einem Beben über Stärke 7 getroffen werden, wenn die Inntal-Störung, die von Innsbruck bis Salzburg verläuft, komplett aufbricht. Jedoch gibt es keine Hinweise darauf, dass ein solcher kompletter Bruch auch praktisch möglich ist, da sowas auch immer von den geologischen Bedingungen abhängt. Nach jetzigen Stand der Forschung: Eher nein.

Es ist zwar sinnvoll zu wissen angesichts der Erdbebenserie, wie stark Erdbeben in der Region maximal werden können – sofern man diese Info auch konstruktiv für Erdbebenvorkehrungsmaßnahmen nutzt. Aber nochmal: Es ist nicht absehbar, wie sich die Erdbebenaktivität dort weiter entwickelt. Steigerung bis hin zu einem schweren Erdbeben ist  theoretisch möglich, aber das extremste und wohl unwahrscheinlichste denkbare Szenario.

Update: Korrektur der Magnitude
GeoSphere Austria (ZAMG) hat nach weiterer Auswertung das Erdbeben auf Magnitude 3.9 korrigiert. Dass Magnituden nachträglich korrigiert werden, ist ein normaler Vorgang, da während der genaueren Auswertung mehr Daten einbezogen werden und so genauere Messungen durchgeführt werden können.

Zeugenmeldung

Oberwössen
23. Januar 2024, 4:50Uhr
Da aus dem Halbschlaf gerissen keine konkrete Angabe über die Dauer. Deutlich wahrgenommen für ca. 4-6 Sekunden spürbare Schwingungen, als ob man im Wasserbett läge (jedoch nicht vorhanden). Geräuschwahrnehmung, wie ein unterirdisches Brummen, das sich durch die Wände überträgt.
Bild an Wänden, Gegenstände auf Nachtkästchen, Schrank haben hörbar gewackelt. Auf der Seite der LMU München auch deutlich erkennbar (Intensität III)

Samerberg
24.01.2024 um 04:50 Uhr
Ich wurde nachts von einem Grollen aus dem Schlaf gerissen und dachte im ersten Impuls an den Abgang von Dachlawinen. Allerdings war meiner Meinung nach kein Schnee mehr am Dach. Heute Morgen habe ich festgestellt, dass eine Dachlawine ausgeschlossen werden kann. Beim weiteren Nachdenken ist mir eingefallen, dass ich das letzte Woche auch schon erlebt habe und als ich von der Erdbebenmeldung gehört habe, ist mir klar geworden, dass ich das hier wahrgenommen habe. (Intensität II)

Kitzbühel
23.01.2024 4.50 Uhr
Wie eine doppelte Krümmung 6 sec und das Geschirr im Schrank hat gescheppert (Intensität III – IV)

Reit im Winkl
23.01.2024 4:50 Uhr
Wurde im 1. Stock von heranrollendem Grollen geweckt, hat sich intensiviert!
Haus hat gebebt, Schrank hat geknarrt und Schlafzimmertüre ist aufgesprungen. Es hat sich wie eine riesige Dachlawine angehört, genau so wie die zahlreichen Beben der letzten Tage. Nur viel lauter, stärker und länger! Sehr ungewöhnlich!
Keine sichtbaren Schäden. (Intensität III – IV)

Betroffene Städte, Orte

Stadt Land Intensität (EMS-98) Bewohner Entfernung Epizentrum (km) Beschreibung
Waidring AT 4.7 2000 2.6 deutlich spürbar
Sankt Ulrich am Pillersee AT 4.7 1800 3.6 deutlich spürbar
Kirchdorf in Tirol AT 4.1 2800 9.4 deutlich spürbar
Erpfendorf AT 4.1 1100 8.2 deutlich spürbar
Sankt Johann in Tirol AT 4.0 9400 11.8 deutlich spürbar
Saalfelden am Steinernen Meer AT 3.2 16800 25.7 leicht spürbar
Traunstein DE 3.0 18400 34.7 leicht spürbar
Freilassing DE 2.9 15900 43.9 kaum spürbar
Rosenheim DE 2.8 60200 47.1 kaum spürbar
Traunreut DE 2.8 21200 44.8 kaum spürbar

Aktuelle Erdbebenaktivität nahe Waidring:

In den vergangenen 30 Tagen wurden in Waidring (Kartenausschnitt) 4 Erdbeben über Magnitude 2.7 registriert. Damit war die Erdbebenaktivität im vergangenen Monat dort deutlich höher als im langjährigen Vergleich (über 20 Prozent Abweichung).

Zusammenfassung der Erdbebendaten:

Wie verhalte ich mich im Falle eines schweren Erdbebens?

FAQ: Wie entstehen Erdbeben? Wo kommen sie vor? Wann sind Erdbeben gefährlich?

Erdbebenmessung im Wohnzimmer: Professionelle Seismometer für Experten und Laien (Gesponsert)

Allgemeine Informationen zu diesem Erdbeben:

Uhrzeit / Time (CET): 23. Januar, 04:50 Uhr

Magnitude: 4.0

Tiefe: 5 km

Spürbar / Felt: ja

Schäden erwartet / Damage expected: --

Opfer erwartet / Casualties expected: --

Ursprung / Origin: tektonisch

Tsunami: --

Quellen (Erdbebendienste) zu allen Erdbebendaten / List of global earthquake surveys

See also: The most complete compilation of earthquake losses and casualties: Earthquake Impact Database

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    Erdbebendaten: ZAMG

    Statistik:

    Seit 1960 gab es in der Region etwa 6 Erdbeben, die stärker waren als Magnitude 4.0 (einschließlich induzierter Erdbeben). Durchschnittlich gibt es in dem Teil von Deutschland, Österreich, Italien (nahe Waidring) 0.11 Erdbeben der Stärke 4.0 oder höher pro Jahr. Damit ist die Erdbebenaktivität in der Region normalerweise gering und Beben der Stärke 4.0 haben eine durchschnittliche Wiederkehrperiode von etwa 9.1 Jahren (109 Monaten).

    Übersicht der stärksten Erdbeben im Kartenausschnitt

    Datum Magnitude Tiefe (km)
    17.11.1989 4.5 12
    10.6.1985 4.4 26
    26.2.1984 4.4 10
    17.7.1996 4.1 10
    19.10.2010 4.0 7
    29.10.2003 4.0 5

    *Daten: USGS-Katalog (seit 1960)
    Hinweis: Der Erdbebenkatalog enthält neben natürlichen auch induzierten Erdbeben. Dazu zählen zum Teil auch Sprengungen und Explosionen. Somit sind einzelne „falsche“ Erdbeben in der Darstellung möglich. Auch die Magnitudenangabe einzelner Erdbeben kann aufgrund von Katalogunterschieden variieren.

    2 thoughts on “Erdbebenserie in Tirol: Magnitude 3.9 bei Kitzbühel erschüttert Teile von Oberbayern

    1. Ich wohne grenznah zu Tirol, in Schleching-Mettenham, Landkreis Traunstein. Ich wurde durch dieses Beben um ca. 4.50 Uhr aus dem Schlaf gerissen, da ich im Bett ein „Zittern“ spürte. Konnte dann längere Zeit nicht mehr einschlafen. Heute morgen erfuhr ich aus den Medien, dass es wieder ein Erdbeben in Tirol gegeben hat. Das Epizentrum liegt von uns aus ca. 30 km entfernt.

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