Es war das stärkste Erdbeben in der Region seit über 50 Jahren und das stärkste europaweit seit 2014: In der Nacht zum Freitag (26. Oktober) hat ein schweres Erdbeben die griechische Insel Zakynthos im Ionischen Meer und angrenzende Gebiete erschüttert. Selbst in Süditalien, Libyen, Bulgarien und auf Malta war das Beben zu spüren. Glücklicherweise hielten sich die Auswirkungen des Bebens dank geltender Bauvorschriften in Grenzen. Auch der folgende kleine Tsunami blieb folgenlos. Dafür zeigte das Erdbeben einige Besonderheiten. Über die Hintergründe und die Auswirkungen des Erdbebens.

Die Erdbebensequenz vor Zakynthos hat kurz nach Mitternacht MESZ begonnen. Um 01:22 Uhr Ortszeit trat ein Vorbeben auf, das bereits viele Anwohner und Touristen auf der Insel aus dem Schlaf gerissen hat. Mit Magnitude 5.0 war es aufgrund der Distanz zur Küste von über 30 Kilometern nicht besonders intensiv. Hinzu kommt die Herdtiefe, da sich das Beben an der Subduktionszone ereignete.
32 Minuten später ereignete sich das Hauptbeben, das auch im Rest von Griechenland die Nachtruhe der meisten Menschen störte. Mit Magnitude (Mw) 6.8, so die Auswertungen des United States Geological Survey, war es europaweit eines der stärksten Erdbeben der letzten 20 Jahre.

Betrachtet man die Historie von schweren Erdbeben rund um Zakynthos, kommt dieses Erdbeben nicht besonders überraschend. Seit 1950 haben in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen nun insgesamt vier schwere Erdbeben die Insel erschüttert. Nach dem M6.3 Beben südlich von Zakynthos im Jahr 1958 folgte das nächste Beben mit Mw6.4 im Jahr 1976. Zuletzt bebte es 1997 mit Magnitude 6.7. Ferner ereigneten sich auch nördlich von Zakynthos schwere Erdbeben, so zum Beispiel in den Jahren 1912, 1915, 1959 und 1983. Eine Historie die zeigt: Zakynthos ist an schwere Erdbeben gewöhnt. Kaum ein Ort in Europa war in der jüngeren Vergangenheit so oft betroffen.

Instrumentell registrierte Starkerdbeben (Magnitude 5.5 und höher) im Südwesten Griechenlands. Magnituden und Epizentren gemäß des ISC-Katalogs. Herdfläche und Epizentrum des aktuellen Erdbebens sind ebenfalls eingezeichnet.

Auch ein Grund, warum die Schäden des aktuellen Erdbebens sich in Grenzen halten. Viele Gebäude auf der Insel sind an die Gefahr angepasst, vor allem die Hotels. Bis zum Vormittag gab es nur wenige Berichte über eingestürzte Gebäude, jedoch wurden viele beschädigt. Verletzt wurde auf Zakynthos selbst offenbar niemand. Lediglich eine Frau auf dem griechischen Festland erlitt leichte Verletzungen, als sie in ihrer Wohnung von herabstürzenden Gegenständen getroffen wurde.

Die berechnete Intensität des Bebens ergibt für Zakynthos Intensität VII bis VIII, was im Erwartungsbereich liegt und größtenteils mit den beobachteten Schäden übereinstimmt. Tendenziell ist die reale Intensität etwas niedriger einzuschätzen.

Dass Zakynthos so oft von schweren Erdbeben getroffen wird, liegt an der tektonischen Lage der Insel. Vor der Küste von Griechenlands subduziert der verbliebene ozeanische Teil der Afrikanischen Platte unter die Eurasische, bzw. die Ägäische Platte. Dies geschieht mit einer Geschwindigkeit von einigen Zentimetern pro Jahr. Dabei ist Zakynthos mit seinen häufigen Erdbeben ein Ausnahmefall: Am Großteil der Subduktionszone, vor allem vor der Küste von Kreta, baut sich die Spannung über einen deutlich längeren Zeitraum auf und generiert dadurch (viel seltener) deutlich massivere Erdbeben, so zuletzt in den Jahren 365 und 1303.

Neben dem bereits erwähnten Vorbeben kündigte ein weiteres kleineres Beben die späteren Ereignisse an. So liegen nur 12 Sekunden zwischen dem Haupt- und dem letzten Vorbeben (ca. Magnitude 4, nicht durch Erdbebendienste ausgewertet). Ein Anzeichen eines kaskadenartigen Effekts, wobei der Bruch des Vorbebens in unmittelbarer Nachbarschaft das Hauptbeben ausgelöst hat. Ein Effekt, der bereits bei früheren starken Erdbeben mit Vorbebensequenzen beobachtet worden ist, sich aber dennoch nicht vorhersagen lässt.

Aus der Lokalisierung der Nachbeben ergibt sich die ungefähre Größe der Bruchfläche, hier mit einer ungefähren Ausdehnung von 30 mal 30 Kilometern und damit im Erwartungsbereich eines Erdbebens dieser Magnitude. die gesamte Bruchfläche liegt vor der Küste und fällt entsprechend dem Herdmechanismus und der Geometrie der Subduktionszone nach Osten, bzw. Nordosten in einem relativ flachen Winkel ein.
Auffällig ist, dass auch weit abseits der Bruchfläche, weit abseits der ursprünglichen Störung, Nachbeben getriggert worden sind. So gibt es zahlreiche Lokalisierungen von Nachbeben bis Magnitude vier nordöstlich von Zakynthos, teilweise auf dem griechischen Festland. Auffällig ist zudem ein relativ kräftiges Erdbeben mit Magnitude 4.5, dass sich gegen 14 Uhr im Zentrum Griechenlands nahe der Stadt Lamia ereignet hat. Dieses befindet sich weit abseits der anderen Nachbeben. Dennoch scheint es denkbar, dass dieses durch das Zakynthos-Erdbeben getriggert worden ist. Dass starke Erdbeben in der Umgebung des Epizentrums weitere Erdbeben triggern können, ist bekannt. Die Zakynthos-Sequenz zeigt bisher ein sehr aktives Beispiel solcher getriggerten Nachbeben.

Vor-, Haupt-, und Nachbeben innerhalb und außerhalb der Bruchfläche.

Da die Bruchfläche des Erdbebens relativ nah an der Oberfläche gelegen hat, wurde durch den Versatz ein kleiner Tsunami ausgelöst, der kurz darauf die Küsten von Griechenland und Italien erreicht hat. Mehrere Messstationen an diesen Orten registrierten die Veränderung des Meeresspiegels, die mit maximal 30 Zentimetern nicht besonders groß ausgefallen ist. Entsprechend ist es durch die Wellen nicht zu Schäden gekommen. Ob und mit welcher Höhe der Tsunami Zakynthos getroffen hat, ist zur Zeit noch nicht bekannt. Da die Küsten der Insel überwiegend durch Klippen geprägt sind, würde ein Tsunami für die meisten Inselteile sowieso keine Gefahr bedeuten.

Folgende Grafik zeigt die errechneten Wellenhöhen an umliegenden Küsten. Die wenigen Beobachtungen stimmen mit den Kalkulationen einigermaßen überein.

Das Zakynthos-Erdbeben zeigte trotz der relativ überschaubaren Schäden einige Besonderheiten. Neben dem kleinen Tsunami ist besonders die Vor- und Nachbebensequenz auffällig, die ein relativ großes Gebiet betrifft und auch in den kommenden Tagen andauern wird. Mit insgesamt 25 Nachbeben über Magnitude 4 bis 14:30 Uhr ist die Anzahl, ebenso die Stärke mit bis zu Magnitude 5.6, im Gegensatz zum betroffenen Gebiet durchschnittlich.